der Anlass unserer großen historischen Modellbahnausstellung im Oktober 2012 in Berlin war die Präsentation der ersten serienmäßigen und maßstäblichen Tischbahn-Pacific - der TRIX EXPRESS 20/57 - auf der Leipziger Herbstmesse 1937.
Dies war ein gewaltiger Schritt, von den ersten kleinen zweiachsigen Spielbahnlokomotiven zu dieser großen sechsachsigen Schnellzuglokomotive. Dies erforderte umfangreiche Entwicklungsarbeiten, zumal es etwas Vergleichbares vorher nicht auf der Tischbahn gab.
Zur Leipziger Frühjahrsmesse 1935 hatten Stephan Bing und seine Konstrukteure unter dem Namen TRIX EXPRESS die erste modern konzipierte elektrische Tischbahn mit einer Spurweite von 16,5 mm (Spur 00) entwickelt und vorgestellt. Der unerwartet große Verkaufserfolg ließ Märklin schnell eine ähnliche Tischbahn bauen und auch der Böblinger Zubehörlieferant Kibri fertigte nun Bahnhöfe, Tunnel und andere Dinge für diese platzsparende Bahn. Die ersten zweiachsigen Lokomotiven von TRIX und Märklin waren verkürzt gebaut und erinnerten noch sehr an Spielzeug.
Doch die Nürnberger TRIX EXPRESS-Entwicklungsabteilung arbeitete in den folgenden zwei Jahren zielstrebig an der Perfektionierung der Tischbahn. Bereits Ende 1936 schickte der TRIX-Konstrukteur Siegfried Kahn einen besonderen Weihnachtsgruß an den englischen Modellbahnpionier Wenman Joseph Bassett-Lowke:
With best Wishes! X’mas 1936 S. Kahn
This is the 4-6-2 TRIX TWIN German Pacific Scale Model in its present stage. Many details are missing yet, such as spoked wheels, lamps etc., but the photo gives some ideas of our plans.
Die historische Aufnahme von Ende 1936 zeigt das für die damalige Zeit sensationelle Handmuster der TRIX EXPRESS 2 C 1 Schnellzuglokomotive. Das war das erste maßstäbliche Tischbahn-Modell einer Einheitslokomotive der BR 01 der Deutschen Reichsbahn. Die beiden Gehäuseteile von Lok und Tender sind noch aus Messingblech gearbeitet und handgelötet, die großen Treibräder sind noch als Scheibenräder aus Messing gedreht. Der Prototyp besitzt bereits eine vollständige Nachbildung der Heusingersteuerung. Noch fehlen letzte Einzelheiten wie Speichenräder und Scheinwerfer, aber dieser maßstäbliche und in seinen Proportionen sehr gut gelungene Prototyp vermittelt bereits einen überzeugenden Eindruck vom Ziel der TRIX EXPRESS-Ingenieure und -Modellbauer.
Der verwegene Plan, eine große sechsachsige Schnellzuglokomotive für die Tischbahn zu entwickeln, war zum Jahreswechsel 1936/37 eine technische Sensation.
Diesem Meilenstein der Modellbahngeschichte widmeten wir unsere Ausstellung. Allerdings hatten wir ein Problem. Das Handmuster, das auf dem Schwarz-Weiß-Bild zu sehen war, war leider nicht mehr auffindbar. Uns sind keine Informationen bekannt, ob dieses Handmuster noch existiert. Was also konnte getan werden ?
Glücklicherweise konnten wir einen geschickten Sammlerfreund dafür gewinnen, dieses Handmuster der ersten TRIX-Pacific als Überraschungsprojekt nachzubauen. Er hat diese Aufgabe hervorragend gelöst und ich bin sicher, dass er uns noch einiges über den Bau berichten wird.
eine der größten Herausforderungen bei der Konstruktion der TRIX EXPRESS 2 C 1 war die Anforderungen, dass die lange Lokomotive durch den engen Gleisbogen mit einem Radius von 342 mm laufen muss. Das Fahrwerk sollte sicher durch den Weichenbogen laufen und auch Neigungswechsel am Anfang und Ende von Rampen sollten sicher passiert werden.
Bis zur Messepräsentation im Herbst 1937 gab es kein vergleichbares Tischbahnmodell. Man darf annehmen, dass umfangfreiche Entwicklungs- und Erprobungsarbeiten notwendig waren, um eine geeignete Lösung zu finden.
TRIX hat die Anforderungen seinerzeit hervorragend gelöst, wie sogar Dr. Harald Kurz in seinem Standardwerk Grundlagen der Modellbahntechnik 1956 attestierte.
Bei den Kuppelachsen der TRIX EXPRESS 20/57 ist der mittlere Radsatz ohne Spurkranz und mit einem geringfügig kleinerem Raddurchmesser ausgeführt. Auf ein Höhenspiel der Achsen wurde verzichtet.
Der zweiachsige Vorläufer besteht aus einem schweren Gussbauteil, welches bereits durch sein Eigengewicht sicher auf die Schienen gedrückt wird. Auf Andruckfedern konnte verzichtet werden. Eine Blechdeichsel mit zwei Gelenken sorgt für die Führung im Gleisbogen.
Der einachsige Nachläufer ist ebenfalls als schweres Gussteil ausgeführt und auch in der Höhe und seitlich beweglich. Der Nachläufer ist am Hauptfahrwerk mit einem Drehpunkt gelagert. Am Ende des Nachläufers ist ein isolierter Zapfen angebracht, der die mechanische und elektrische Verbindung zum Tender herstellt.
Die vier Achsen des Tenders sind , wie beim Vorbild, in zwei Drehgestellen gelagert. Die Drehgestelle können sich sowohl um die senkrechte Achse drehen, als auch leichte Kippbewegungen vollziehen, um Gleisunebenheiten aufzufangen.
Auch die englischen TRIX TWIN Gehäusevarianten (LNER Scotsman, LMS Princess und LMS Coronation) verwenden das Fahrwerk der 20/57.
Diese Grundkonstruktion hat sich so sehr bewährt, dass dieses Fahrwerk noch bis 1955 als Gleichstromvariante 757 gebaut wurde. Auch die Nachfolgekonstruktion, die Gleichstromvariante mit Permamotor 763 (später als 204 bekannt), besitzt die gleichen Konstruktionsmerkmale.