Elektrik » Restauration eines Trommelkollektormotors

Hallo,
bei dieser Bing Spur 0 Lok aus den 20er Jahren ging gar nichts mehr:


Bei der Lok handelt es sich um die Bing 190/2517 für 3,5 bis 5V Allstrom (also Gleich- oder Wechselstrom), hier ein Katalogausschnitt aus dem Bing-Katalog von 1912:


Nach Ausbau des Motorteils und Abbau der Räder zeigt sich, dass das Motorteil nicht verschraubt sondern vernietet ist. Auf dem Bild sind die drei Nietstifte auf der einen Seite schon angeschliffen, damit sie geöffnet werden können:


Nachdem die Motorteile getrennt wurden, die Einzelteile:



Eine der Bürsten ist nicht nur verbogen, sondern auch mit einem viel zu harten Messingteil wohl nach früherem Bruch verlötet:


Aber der größte Schreck ist, dass ein Kollektorteil nicht nur gelöst, sondern völlig weg ist:


Dazu fehlt das Lötzinn und damit die Verbindung zu den Ankerwicklungen an den verbliebenen Kollektorteilen, außerdem sind die Drähte völlig verdreht (das Fehlen des Lötzinns ist übrigens auch bei der Bing-00-Tischbahn eine häufige Ursache, dass die Motoren nicht (richtig) laufen):



Da die Kollektorteile nur 0,5mm dick sind habe ich auch von einer Rekonstruktion auf der Drehbank abgesehen und das fehlende Teil per Hand zugeschnitten und geformt:

Das gefertigte Teil mit dem hitzefesten Zweikomponentenkleber J-B Weld (das "d" ist richtig) geklebt:

und mit einer Klemme fixiert:

Der Kleber braucht etwa 15 Stunden, um richtig auszuhärten. Von einer Überarbeitung auf der Drehbank hatte ich abgesehen, da hierzu das aufgepresste Zahnrad auf der Ankerwelle zu entfernen gewesen wäre, was dieses eventuell zerstört hätte:

Das neue Kollektorteil ist mit einem 0,7mm Bohrer angebohrt, um die inzwischen gerichteten Ankerdrähte zu verlöten, auch die übrigen Drähte wurden neu am Kollektor verlötet. Hier das neue Kollektorteil mit der Bohrung:


Das Grundteil des Motors ist wieder zusammengebaut, dabei sind die zum Zerlegen geöffneten Nieten mit Zweikomponentenkleber verklebt. Von einer Verschraubung in eingeschnittenen Gewinden habe ich wegen des größeren Aufwandes und der fehlenden Originalität abgesehen.

Eine weitere Schwierigkeit war die Rekonstruktion der einen schon mal reparierten Bürste (rechts auf dem Bild). Versuche, das vorher verwendete Material feinfühlig einzustellen, haben kein befriedigendes Ergebnis gebracht, auch nicht der Ersatz des zu dicken Messingmaterials eines Märklin-H0-Schleifers. Erst ein angelöteter Schleifer aus einem Modellflugmotor von Graupner ließ den Motor wieder richtig "rennen".

Hier noch mal der Motor von der Zahnradseite mit dem eingebauten Umschalter für den Fahrtrichtungswechsel:


Da der Motor für Niederspannung (laut Katalog 3,5 bis maximal 5V - siehe Katalogbild oben von 1912) gebaut ist, und die mir zur Verfügung stehenden Trafos diese regelbare Spannung nicht aufweisen, ein Trick: ein normaler Märklin-Trafo (hier mit 3 Ausgängen) liefert zwischen den Ausgängen für Licht/Magnetartikel und Bahn ("B") eine regelbare Spannung zwischen zwei und knapp zehn Volt, in der Mittelstellung etwa 4-5V, also für diesen Motor ideal:

(man sieht hier übrigens auf dem Bild bei einem ersten Laufversuch sogar die Funken am Kollektor)

Nach Montage der Räder die Fahrversuche etwas stilwidrig auf Märklin 3-Leiterschienen, wobei wegen der Geschwindigkeit das Lokfahrgestell nur als Schatten zu erkennen ist:


(vorwärts und rückwärts - müsst Ihr mir glauben)

Mit verschraubtem Gehäuse und einer zusätzlichen Beleuchtung für das Foto ist die Belichtung kürzer, wodurch die Lok nur noch wenig verschwommen ist:

Man erkennt auf dem Bild deutlich, dass bei der für die Lok recht hohen Spannung von fast 6V (an der Schiene gemessen) die Birne nur mäßig glimmt, d.h. für eine höhere Spannung ist. Vielleicht hatte eine solche höhere Spannung den Kollektor zerstört?

Grüße von elaphos

Werden die Motoren so heiß, daß das Lötzinn wegfliesst?

Das überdrehen ist aber auch mit Ritzel leicht möglich.
Ich mache dafür eine Hülse aus Kunststoff die eine
Bohrung entsprechend dem Ritzeldurchmesser hat und
spanne diese in das Drehfutter. Den Anker stütze ich
auf der Gegenseite mit einem Kugellager das ich in das
Bohrfutter des Reitstocks gespannt habe.

Gruss
Daniel

PS: warum kommt mir die Lok nur so bekannt vor?
war die am MMM 2012?

1. Ist wohl nicht nur Hitze, sondern mehr Alterung.
2. Im vorliegenden Fall schien mir das Polieren auf der Poliermaschine per Hand günstiger.
Für meine Drehbank habe ich zwei zusätzliche Reitstockpinolen gedreht, eine mit einem direkt eingeschnittenen Gewinde für ein festes Gegenfutter, damit es nicht über ein Zwischenstück in die konische Aufnahme gesteckt werden muss, die ja manchmal nicht stabil genug ist und mitdreht. Eine zweite, in der das Gegenfutter in zwei Kugellagern mitläuft, so dass ich eine Welle im Reitstock drehbar spannen kann.
Hier im Bild, oben die Originalpinole, darunter die mit dem festen Gewinde und darunter die mit der drehbaren Futteraufnahme:


Die drehbare Aufnahme zerlegt (vor dem Zusammenbau), das vordere Kugellager mit dem größeren Durchlass ist zu erkennen, für das hintere Kugellager mit kleinerem Durchlass ist die Welle stufig abgedreht, die Welle hat hinten ein Schraubloch, so dass sie mit einer Schraube im hinteren Kugellager fixiert werden kann:


Die drehbare Aufnahme im Einsatz beim Überdrehen eines Ankers:

Ein Wellenende ist im Futter an der Hauptspindel gelagert, das andere im drehbaren Futter an der Pinole, so dass es absolut fest zwischen den Lagern sitzt und der Anker ohne Verbiegungsgefahr der Wellen bearbeitet werden kann.


3. Beim MMM 2012 waren nur Märklin-Loks dabei.

Grüße, elaphos

So ein mitdrehendes Futter hab ich schon länger im Kopf,
bin nur noch nicht dazu gekommen - Zeit ist halt mein
größtes Problem :(

Gruss
Daniel

...was für eine Drehbank hast Du denn? Meine ist eine Emco Compact 5. Hatte übrigens eine dritte zusätzliche Pinole für den Reitstock vergessen. Hatte noch eine mit einem eingedrehten Konus und Gewinde für Spannzangen ER 16 gedreht. Ist sehr praktisch, da Spannzangen direkt eingesetzt werden können.
Grüße von elaphos

Ich habe eine EBK. Das ist ein kleiner Hersteller aus dem Sauerland.
Von Emco ist mein Fräskopf (ist von der Compact 5), der Tisch ist
aber von EBK (weil stabiler).
Pinolen tausche ich nicht, der Morsekegel funktioniert sehr gut, auch
mit 16mm Bohrer in Stahl. Ich kann Ihn für große Belastungen wie
zum Gewindeschneiden noch zusätzlich klemmen.
Spannzangen im Reitstock habe ich noch nicht gebraucht.

Gruss
Daniel

Tauschen der Pinolen geht bei mir ganz schnell, brauche sie nur mit der Vorschubkurbel rauszuschrauben. Bei der Herstellung war das Linksgewinde M7 ein Problem, da ja beim Rechtsdrehen der Kurbel die Pinole herausgedreht wird. Zufällig war damals gerade bei ebay ein entsprechender Linksgewindebohrer im Angebot. Hatte nie wieder einen solchen gefunden.
Auch der Spannzangensatz ist bei mir oft im Einsatz, benutze gar nicht so selten auf beiden Seiten Spannzangen.
Grüße,
elaphos