Geschichte Königsberger Instrumentenbauer: J.C. Schloesser, C. Carogatti - O. Moewig - C. Radau

Für rund 12 Jahre zwischen 1869 und 1881 war Königsberg Deutschlands Zentrum für Modelle von Dampfmaschinen und -lokomotiven. Carogatti (bzw. zu dem Zeitpunkt bereits Moewig, der Nachfolger seines Sohnes, dann Radau) und Schloesser hatten dabei ein fast identisches Portfolio, was die Frage aufwirft, inwieweit diese Firmen jeweils eigene Produkte fertigten. Von 1879 - ca. 1890 war Carl Radau zusammen mit Adolph Schloesser Besitzer von J.C. Schloesser und beide Firmen waren an der Junkerstrasse 5.

Nachdem ab 1881 Nürnberger Hersteller diese Produktlinie übernahmen, wurde nicht mehr für Dampfmodelle geworben. Die traditionell von Instrumentenbauer durchführte Arbeit kam zu spezialisierten Firmen, wobei die Produkte und Methoden noch längere Zeit unverändert blieben.

In Königsberg bestanden die Firmen weiter, 1903 mit der 7ten Generation verliert sich die Spur bei Radau, Schloessers Firma, getrennt in Laden und Werkstatt ist mit dem alten Königsberg in den 1940er Jahren untergegangen.

Die Optiker haben Ihr Sortiment untereinander ergänzt, im Zweifelsfall hat der Endverkäufer die Ware gemarkt. Barometer und Operngläser können zugeordnet werden, für eine Identifizierung der Dampflokomotiven und -maschinen müssten die illustrierten Preislisten der beiden Hersteller gefunden werden. Das Buch "Die Dampfmaschinen von Otto Moewig" könnte ebenfalls hilfreiche Illustrationen enthalten. Schloesser hat seine Inserate zumeist (immer?) mit Standard-Bildern illustriert, was eine Zuordnung noch schwieriger macht.

Das Verkaufslokal eines Instrumentenbauers aus Sheffield zur Illustration,
Chadburn Brothers, Mathematical Optical and Philosophical Instrument Maker.; Sheffield 1851:
Instrumente gefeierter Londoner und Kontinentaler Hersteller, bekannt vor allem für Maschinentelegraphen.
Was sind "Philosophische Instrumente"? Dampflokomotiven?



Ganzes Bild mit Text: https://coimages.sciencemuseumgroup.org....rge_B530033.jpg
Inserate ab 1841 mit Lokomotive: https://www.gracesguide.co.uk/Chadburn_Brothers

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J.C. Schloesser










Gruss Domenik

Carl und Richard Adam haben vor dem 1.WK ebenfalls mechanisches Blechspielzeug mit Uhrwerk in Königsberg hergestellt. Das ist z.B. belegt durch das DRGM 38767 (Zwitschervogel, 1895) oder das Patent 78360 (Laufende Thierfigur, 1894):



Bild steht nach Klick aufrecht.

Ob auch Dampfmaschinen, Antriebsmodelle o.ä. hergestellt wurden, ist leider nicht bekannt.

Hallo Stefan

danke, Königsberg hat sicher noch einige Geheimnisse auf Lager.
Z.B. haben weder Leonhard Euler noch Peter Maffei die Fährverbindung zum Kneiphof erwähnt.
Aber Königsberg ist ja auch irgendwie Deutschlands Atlantis und damit wurde das Brückenproblem elegant gelöst.

Cieselik schreibt im "Antique Toy Collectors of America" über Carl Adam:
https://atca-club.org/carl-adam-the-litt...ell-known-toys/

Adam war der Erfinder von vielen von Lehmanns Patentspielzeugen und im Lehmann-Buch wird wohl darauf eingegangen (habe das Buch nicht).



Das Warenzeichen (und damit wohl auch der Betrieb) wurde schon im März 1895 an Lewin Minkowski überschrieben.

Dieser wiederum hat die Patente um 1897 an Lehmann verkauft.
Ciselik schreibt, er habe den ganzen Betrieb verkauft, aber dieser bestand weiter, nach dem Tod von Lewin kam er 1900 in den alleinigen Besitz von Sohn Maxim.


Adam war 1897 Miterfinder einer kleinen (grossen) Dampfmaschine (Siehe PDF).


Gruss Domenik

Von einer solchen Dampfmaschine hörte ich noch nie. Das Patent müßte man mal in einem Fachmagazin vorstellen und um Versuche bitten zur Umsetzung.

Ein sehr interessantes Prinzip, wobei die Leistung aber recht beschränkt sein dürfte, weil für den Kolbenvorschub nur die Druckdifferenz zwischen oberem heissen Auslass und unterem kalten Einlass zur Verfügung steht. Spannend, dass so etwas überhaupt funktioniert.

Das kann man nicht wissen, denn das hängt vom tatsächlichen Dampfabstrom ab, den man messen müsste im Verhältnis zu den anderen physikalischen Kenngrößen der Dampfmaschine. Ohne ein konkretes Exemplar kann man darüber keine stichhaltigen Aussagen machen. Wenn die Dampfmaschine nicht funktioniert haben sollte, wieso hat C. Adam dann außerdem ein Patent darauf angemeldet? Patente waren nicht billig zu jener Zeit.

Ich gehe davon aus, dass die Dampfmaschine zwar lief, aber bestimmt wie so viele andere kleine Maschinchen mit einem miserablen Wirkungsgrad. Die Errungenschaft des Patents zielte wohl eher auf eine billige Bauweise für eine Dampfmodellmaschine mit automatischer Speisewasserpumpe als eine besondere Effizienz. Besonders effizient kann sie in der Tat nicht gewesen sein.

Immer der, der fragt ;-)

Nochmal zum Wirkungsgrad:

Dafür, dass die Maschine läuft, ist prinzipiell nur ein winizger Energieüberschuss durch den in den Kolben einströmenden Dampf notwendig, so dass die im Schwungrad gespeicherte Energie ausreicht, es genau einmal um 360 Grad weiterzudrehen. Dazu muss die Maschine nur genügend Energie erzeugen, welche die mechanischen Reibungsverluste und den Dampfausstoss während einer Umdrehung ausgleicht. Dazu ist vergleichsweise wenig Energie notwendig und das ist der Grund, weshalb auch primitivste Maschinchen in der Regel laufen.

Das sagt aber nichts über deren Wirkungsgrad aus und über die an der Antriebswelle abgreifbare nutzbare Energie. Es kann durchaus sein, dass da nicht viel übrig bleibt, so dass eine Maschine zwar läuft, aber man kaum mehr als ein paar leichtläufige Antriebsmodelle, wo sich nur etwas hin und herbewegt, damit antreiben kann. Das ist auch nicht anders zu erwarten bei kleinen Modellmaschinen, denn diese haben im Vergleich zu den realen Dampfmaschinen ein sehr viel ungünstigeres Verhältnis von gespeicherter Energie in Form von unter Druck stehender Dampfmasse im Verhältnis zur Größe und den Reibungs- und Wärmeverlusten. Das eine wächst mit zunehmender Größe kubisch, die Reibungsverluste nur quadratisch (proportional zur Oberfläche der an der Reibung und der Wärmeabstrahlung beteiligten Bauteile).

Bei der Maschine von Carl Adam kommt noch hinzu, dass nicht der volle Kesseldruck sondern nur der Druckunterschied zwischen kaltem Einlass und warmen Auslass zur Energieerzeugung zur Verfügung steht. Der durch den Brenner nutzbare Druck ist im Vergleich zu einer normalen Maschine geringer, so dass zu erwarten ist, dass auch der Wirkungsgrad geringer ist. Dieser hängt aber von der Erhitzerrohrlänge, Rohrdurchmesser, Temperaturunterschied etc. ab. Diese Parameter sind ohne ein konkretes Exemplar nicht einfach zu bestimmen. Ich denke, die Länge, Anzahl und Durchmesser der Erhitzerrohre musste gut aufeinander abgestimmt sein. Konkrete Zahlen davon hat man aber leider nicht. Insofern kann man eigentlich nur annehmen, dass sie wahrscheinlich gelaufen ist. Ob sie auch viel Energieüberschuss im Verhältnis zur eingesetzten Brennerenergie produziert hat, ist fraglich.

Bei einer Modelldampfmaschine ist das aber nicht so relevant. Diese waren ja um 1900 nur ein Lehrmittel zur Veranschaulichung des Prinzips der großen Dampfmaschinen. Wenn die Speisewasserpumpe funktioniert hat, was anzunehmen ist, dann lief dieses Maschinchen bestimmt eine beachtliche Zeit. Normale Modellmaschinen aus derselben Zeit von Bing, Carette usw. laufen so zwischen 15-30 Minuten. Mit einem entsprechenden Wasservorrat lief die Maschine von C. Adam bestimmt eine beachtliche Zeit länger. Für den Schaufensterbetrieb könnte diese Maschine gut geeignet gewesen sein. Mit einem entsprechenden Vorrat an Wasser löst sich auch das Problem, dass das Wasser vor dem Spiritus alle ist und man ständig aufpassen muss, dass die Maschine nicht leerläuft und sich alle Bauteile entlöten. Die Konkurrenz waren hier die Heissluftmotore von Heinrici und Mohr&Krauss. Insgesamt ein sehr spannendes Bauprinzip für eine Modelldampfmaschine von 1897.

Könntest Du das bitte nachvollziehbar begründen, wieso Du von der Nichtfunktionsfähigkeit so überzeugt bist. Wie ich schon geschrieben habe, reicht eine genügend große Schwungmasse aus, um auch bei geringem Wirkungsgrad den Prozess am Laufen zu halten - solange die Gesamtenergiebilanz positiv ist. Das scheint hier der Fall zu sein.

Stefan, ich teile deine Bedenken. Aber bei der Dampfmaschine wirkt nicht nur der Druck. Es wirkt die thermodynamische Expansion des Dampfes. Dort liegt wohl das Geheimnis. Zudem gibt es in einem Kessel keinen Druckunterschied. Der Flächendruck ist überall gleich.
Nicht ohne Grund verweist Adam auf das Dampfdiagramm.
Verdampft wird ja immer nur eine minimale Menge. Der Rest im Kessel wird überhitzt, auch der Restdampf. In dem Kessel kann daher kein Nassdampf entstehen, sondern Heißdampf.

In einem Kessel mag es keinen Druckunterschied geben, aber in einem Röhrensystem mit unterschiedlichen Durchmessern schon. Bitte daran denken, dass wir es hier mit keinem herkömmlichen Kessel zu tun haben und dass unterschiedliche Teile des Röhrensystems unterschiedliche Temperaturen, Höhenlage, Effektivdurchmesser und Aggregatzustand haben. Ich zumindestens möchte nur anhand einer Skizze eines so komplizierten physikalischen Zusammenspiels keine Aussage treffen, dass es nicht funktionieren kann. Nochmal: Wieso wurde es patentiert, wenn es denn nicht funktioniert haben soll. Das ist mir eine zu vorschnelle Beurteilung.

PS: alleine schon die Gravitationskraft hat zur Folge, dass es oben und unten im Röhrensystem einen Druckunterschied geben muss, aber ich bin kein Thermodynamiker, der das genau analysieren und vor allem quantifizieren könnte.

PPS: Aber vielleicht kann man sich ein Ersatzexperiment vorstellen: Zwei Töpfe auf dem Küchenherd mit Wasser, die unten durch ein Röhrchen verbunden sind. Dadurch haben beide denselben Füllstand mit Wasser. Beheizt man nun den einen Topf, so ändert das den Füllstand nicht. Erst wenn aus dem Topf etwas verdampft strömt kaltes Wasser aus dem anderen nach. Der Abdampf hat einen Partialdampfdruck und könnte zum Antrieb eines Kolbens verwendet werden. Ich sehe jetzt keinen Grund wieso ein solches vereinfacht dargestelltes System nicht prinzipiell funktionieren sollte. Über den Wirkungsgrad möchte ich aber nicht mutmaßen, vermutlich nicht besonders. Genau so ein ähnliches Prinzip ist auch im Patent beschrieben.

@Y: Ohne Druck keine Kraft und ohne Kraft keine Kolbenbewegung. Das Gesamtsystem muss also irgendwo einen Druckunterschied erzeugen - auch wenn es eine Expansionsmaschine ist.

Ich hab mir das Patent nochmal genau durchgelesen. Eigentlich ist da wirklich alles schlüssig und nachvollziehbar erklärt. Auch der Trick mit dem im Vergleich zum Kolbenvolumen kleinen Kesselvolumen, um zum überwiegenden Teil in der Expansionskennlinie zu fahren. Ich kann keine Anhaltspunkte entdecken, dass das nicht ein wohldurchdachtes funktionierendes System gewesen sein soll. Deswegen auch patentwürdig.

Aber wie im Patent selber schon gesagt wird: "Die Maschine ist hauptsächlich für kleinere Ausführungen gedacht". Durch das kleine Kesselvolumen ist auch die Menge an abzugebender Energie klein.

Bei einem Kesselknall ist das darin befindliche Wasser das Problem. Es ist überhitzt und steht unter Druck. Sinkt der Druck, verdampft zusätzlich Wasser. Und das schlagartig. Damit wird so viel Energie frei gesetzt und es läuft nicht einfach nur heißes Wasser aus.
In dem Kessel hier ist aber praktisch kein Wasser enthalten.
Man kann daher eher von einem Verdampfer und Überhitzer sprechen. Im unteren Teil wird verdampft, im oberen Teil überhitzt.

Exakt. Durch die Expansion ist außerdem zwar fast kein Wasser mehr im Röhrensystem vorhanden sondern im oberen Teil nur noch Dampf. Während der Expansion erfolgt aber auch ein Druckabfall, was gleichzeitig einen Temperaturabfall zur Folge haben muss. Die Temperatur kann also auch bei leeren Kesselröhren eine fürs Entlöten kritische Temperatur nicht überschreiten. Zumindestens nicht die Durchschnittstemperatur des Metalls. Der Dampf wird kurzzeitig vergleichsweise hohe Temperaturen erreichen. Das Metall hat aber eine größere Masse und verhält sich dadurch träger als der Dampf.

Die durch den Druck- und Temperaturabfall erniedrigte Energie des Dampfes wird fast vollständig in kinetische Energie umgesetzt. Insofern könnte der Wirkungsgrad doch ganz gut sein. Das Problem scheint eher die geringe Energieabgabe des Gesamtsystems zu sein, die durch das verhältnismäßig geringe Kesselvolumen bedingt ist und den Einsatzbereich wie im Patent beschrieben auf "kleine Maschinen" einschränkt. Ein weiteres Problem ist die Abwärme, die ungenutzt aus dem Heizkasten entweichen kann. Der Wirkungsgrad hängt daher stark von der konkreten Ausführung der Heizung usw. ab, so dass man den Wirkungsgrad schlecht einschätzen kann.

Zu der Lokomotive von Carogatti / Moewig gemäss Inserat 1869 habe ich einen Bildnachweis gefunden.
Mit der Beschriftung "Königsberg" und der Form des Dampfdomes ist eine Zuordnung doch mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben.
Die Beschriftung auf der anderen Seite könnte "J.C. Schloesser" sein.

https://www.dorotheum.com/de/l/6980638/






Gruss Domenik