Historische Modellbahnen » Historische Modellbahnen - Tischbahnen » Märklin 00 » CCS 800 Erstversion: Restauration
Hallo Ihr Krokoliebhaber!
Die grünen Wappentiere stehen zwar nicht an erster Stelle auf meiner Sammel- bzw. Beuteliste, aber ohne ein solches Exemplar geht es natürlich aucht nicht!
Also habe ich das Angebot eines befreundeten Sammlers sehr gerne angenommen eine Erstversion in restaurationswürdigem Zustand zu übernehmen.
Ich habe mich nach Sichtung der ersten Bilder dazu entschlossen, die Lok so originalgetreu wie möglich zu restaurieren. Sie sollte auch wieder fahrtüchtig sein.
Nicht für den harten Dauerbetrieb, aber für gelegentliche Genussrunden in guter Gesellschaft - aber dazu am Ende mehr.
Mein Freund hat mir berichtet, dass er die Lok vom Sohn des Erstbesitzers in San Fransisco, Californien erworben hat. Der Käufer war ziemlich sicher ein amerikanischer Militärangehöriger.
Die Lokomotive wurde bei der Einfuhr nach Amerika durch den Zoll bzw. das Militär kontrolliert. Ein entsprechender Aufkleber gehört zum Konvolut.
Die Lok war auch in Benutzung! Man kann das an der Lok selber erkennen, aber auch an einem Bestellformular von einem Märklinhändler in Los Angeles.
Da wurde eine Megabestellung von Waggons und Gleisen und Zubehör ausgelöst!
Nun zur Lok:
Eine Erstversion im Originalkarton - dieser leider ohne Aufkleber. Der Karton ist noch ohne den Holzeinsatz.
Das Gehäuse der Lok hat mein Freund abgeschraubt. Das Mittelgehäuse ist zum Glück nicht verzogen. Die Vorbauten sind etwas auseinandergegangen, sind aber ohne Zinkpest.
Beide Fahrgestelle sind durch Zinkpest vollständig zerbröselt.
Die Räder sind teilweise zinkpestig und zerbrochen.
Ich bin erst bei der Kabelrestauration darauf aufmerksam geworden, dass die Kabel mit relevanter Betriebsstromführung: also die Kabel von den Pilzschleifern zum Motor und die Beleuchtungskabel durch die Wärme so stark alteriert sind, dass deren Isolation sich buchstäblich in Staub aufgelöst hat. Nur die Kabel zum Umschalter sind intakt geblieben und konnten erhalten werden.
Ich habe die Lok nach persönlicher Übergabe bzw. Übernahme vorsichtig in alle Einzelteile zerlegt.
Danach habe ich die Teile erst mal gründlich gereinigt.
Dann habe ich Bestandsaufnahme gemacht:
Die Fahrgestelle mussten ersetzt werden - ich habe von einem Bekannten die Fahrgestelle aus der US-Produktion von Paul Koke erhalten. Ich glaube, man kann die auch noch bei Herrn Ritter kaufen.
Ich habe einen Satz Nachbauräder von TTN bestellt - die vernickelten. Die passen im Glanz und in der Farbe wirklich perfekt- praktisch nicht unterscheidbar.
Zwei der spurkranzlosen Räder waren zerbrochen und es fehlten Stücke davon. Die zerbrochenen Räder waren auch verzogen, sprich: nicht mehr rund. Daher habe ich sie ersetzt.
Bei einem Antriebsrad war das Gewinde für die Gestängeschraube ausgebrochen. Hier habe ich nur das Gewindeteil mit einer Speiche aus einem Nachbaurad "ausgebaut" und mit Loktite in das alte Rad eingeklebt. Das kann man nur bei wirklich genauem Hinsehen erkennen.
Die Vorläufer haben ziemliche Risse, sind aber noch vollständig - die habe ich behalten. Mit ein bisschen Sekundenkleber in den Rissen kann man die Stabilität nachhaltig verbessern.
Die Motorenhälften sind leider auch etwas gewachsen, so dass die Zahnräder auf einer Seite keine Traktion mehr hatten. Ich habe bei TTN neue Buchsen bestellt. Diese haben einen etwas größeren Durchmesser als die originalen und können auf Spannung in die vorhandenen Bohrungen / Aussparungen gepresst werden. Weil die Buchsen auch assymetrische Lagerbohrungen haben kann man das Wachstum der Motorgussteile ausgleichen!
Mit der Fohrmann-Zieheinrichtung kann man die Zahnräder demontieren und dann kann alles justiert und passend neu montiert werden:
Die neuen Fahrgestelle waren sehr passgenau. Ich musste nur geringfügig die Lager im Fahrgestell weiten.
Die Buchse für den Pilzschleifer gibt es bei TTN. Ich habe die originale Lötfahne wieder eingebaut.
An dem gezeigten Fahrgestell sind alle Räder und Schrauben und die Kuppelstange original.
Die zeitlich größte Herausforderung war die Kabelrestauration! Ich wollte unbedingt die alten gelben Schutzkabel erhalten. Dazu musste ich "nur" die zerbröselten Kabel ausbauen. Das war teils mit Ziehen teils mit Ausbohren, teils mit Druckluft, teils mit Wärme und mit VIIIEL Geduld möglich. Ich habe noch aus alten Beständen die passenden gelben Märklinlitzen, aber die haben einen anderen Farbton - sie sind eben neu.... .
Die neuen Kabel haben natürlich eine Gummiisolation und sie sind etwas dünner als die originalen Kabel. Für Kurzeinsätze ist die Funktionalität aber gegeben
Diese nur unmittelbar nach dem Krieg verwendeten Kabel, die wegen der Isolation ziemlich unbiegsam bzw. steif sind gab es bei Märklin in rot und in grün.
Ich habe mal eine SK aus 1945/46 zum Vergleich daneben gelegt:
Und wer sich ein bisschen damit beschäftigt - und das Thema Kriegsproduktion ist im Forum schon intensiv besprochen worden - findet z.B. bei Lilliput o.a. Herstellern Wehrmachtsmotoren mit genau diesen Kabeln:
Das Foto ist von Fred mal eingestellt worden.
Nach Abschluss der Kabelarbeiten wurde Hochzeit gefeiert: Fahrwerke und Motor montieren und alles verlöten. Ich habe ein altes Kabel mit ein wenig Isolationsrest daneben gelegt
Die Lok hat in diesem Zustand die Funktionsprüfung erfolgreich bestanden! Sie fährt vor- und rückwärts mit Fernschaltung und auch mit Handschaltung und mit Lichtwechsel durch den Schleppschalter.
Ich habe die ausgetauschten Reste - Fahrwerke und Räder daneben gelegt. Die gehören als Belege natürlich zur Lok! Es ist ja schon einige Male vorgekommen, dass in der Bucht dubiose Erstversionen aufgetaucht sind...
Demnächst wird die Lok vollständig zusammengebaut und dann gibt es noch ein paar Bilder und erst dann ein you-tube Video. (Nackte Loks sind bei you-tube nämlich verboten befürchte ich).
Wer die Lok im Einsatz sehen will muss am 08. /09. Oktober nach Gaggenau kommen. Frank und ich lassen dort frühe Nachkriegslokomotiven, Vorserien, PX-Kram und anderes fahren bzw. zeigen die Loks und Zugpackungen dazu.
Einstweilen alles Gute
Stefan

Tolle Arbeit und tolle Demonstration. Danke.
Besitze übrigens den gleichen Karton (mit Aufkleber "CCS 800" mit Märklin und zwei "Fahrrädern"). Die zugehörige Beschreibung hat den Druckvermerk A 08 48 r.
Da meine früheste CCS schon die nicht geschlitzten Radschrauben hat (sonst aber gleich ist), liegt sie in einem etwas späteren sonst in der Farbe gleichen Karton mit Holzeinlage und einem etwas kleineren Aufkleber mit Märklin und nur einem Fahrrad. Dieser Karton ist wohl dafür der originale, habe die Lok auch darin erworben.
Bei meiner Lok war übrigens nur ein kleiner Bruch an einem der Fahrwerke, der relativ leicht zu repariern war.
Dem älteren Karton fehlt also noch die passende Lok.
Der gleiche Schleppschalter findet sich übrigens im TW 800 und der ersten DL 800.
Grüße von elaphos

Hallo Stefan,
beim Anblick der Bilder vom Ausgangszustand hätte ich nie gedacht, dass man daraus wieder etwas fahrbares machen kann. Respekt!
Bin schon auf das Video gespannt.
Gruß
Christian
Ich beeile mich mit dem Video - ein kleiner teaser für Gaggenau!
Letztes Mal (viel zu lange her) war im 1.OG auch ein restauriertes Krokodil am Start, was hier besprochen wurde. Ich würde mich sehr freuen viele Interssenten und Sammlerfreunde dort wieder zu treffen!

Eine eindrucksvolle Präsentation. Angesichts der Gussreste fiel mir der folgende Vers ein:
"Aus Staub bist Du entstanden und zu Staub wirst Du werden ..."
Vielleicht sehen wir das wiederbelebte Krokodil auch am 29. und 30.10.2022 in Berlin ?
Na Logo!
Ein sehr interessanter Bericht, besten Dank. Wieviel Arbeit darin steckt kann ich nachvollziehen. So eine Restaurierung habe ich auch mal gemacht.
Zwei Bilder von 1992 sind noch da, wie bei deiner Lok ist auch viel Metallstaub übriggeblieben. Die Nachbauteile waren damals alle von Brockmann.
mit bestem Gruß
Arne
Hallo Rei,
Da hast du aber sehr schöne Baustellen vor Dir! Für mich ist diese „Arbeit“ reinste Freude - denn das Ergebnis entschädigt immer wieder, egal ob 10 oder 50 Stunden investiert wurden.
Mir ist bei deiner 1948-er Variante aufgefallen, dass die Beleuchtung nicht nur vor- und rückwärts geschaltet wird, sondern mit je zwei Drähten in einer Art Wechselschaltung.
Ich kenne diese Verdrahtung von einem CCS Prototypen aus dem Turmzimmer.
Und, um ehrlich zu sein, ich war momentweise versucht, diese Verdrahtung bei meiner Lok auch umzusetzen. Aber, original ist original! No way!
Ist das bei deiner Lok die Originalverdrahtung?
Deine 49-er „Baustelle“ ist wieder konventionell verdrahtet.
Grüße Stefan aus Berlin
Hatte die CCS800 nicht von Anfang an den Schweizer Lichtwechsel ? In Fahrtrichtung 3 Lampen vorne und eine Lampe hinten. Dafür braucht man doch die 2 Leitungen.
mit bestem Gruß
Arne

#8: Lieber Rei, Deine Version incl. Karton ist genau wie meine, die ich in #2 beschrieben habe. Wir haben also die gleichen Loks in den gleichen Kartons. Meine hat übrigens genau wie Deine nicht den schweizer Lichtwechsel - mit nur jeweils einem Kabel zu den Stirnlampen.
Also hatten die frühen CCS anscheinend keinen schweizer Lichtwechsel.
Grüße von elaphos
Hallo Stefan,
die unvollständige 49/50er CCS habe ich mal so von Johannes/GN 800 bekommen. Da suche ich noch nach einer Vorbauhaube.
Die 48er habe ich vor gut zwei Jahren hier in CH gekauft.
Ab Dezember habe ich dann mehr Zeit, um hier mal Hand anzulegen. Begebe mich dann unter die Rententiere.
Hier in CH sind die CCS ab Anfang 1948 im Handel gewesen und man findet ab und an noch mal einen "Krümelteilesatz".
Ein Vertreter/Präsentationsmodell hatte ich hier auch schonmal gesehen (Vorläufer mit Schienenräumern und anderer Kupplungsführung).
Leider wird die "Krümelware" auch zu Preisen zwischen 2000 und 3000 CHF gehandelt.
Grüsse
Rei
Hallo Rei,
Ich beneide dich um den dir bevorstehenden Rententierstatus! Da hast du ja wirklich genug Zeit und Muße dich um Fehleile (Vorhaube) und um die Restauration deines 48-er Krümelteilesatzes (schönes Wort!) zu kümmern.
Über Geld soll man ja nicht reden - insbesondere wenn gerade kolonial vorbelastete Königskronen und englische Herzogtümer neu besetzt werden.
Aber eine ECHTE Krümelerstversion - von den Präsentationsmodellen wollen wir mal gar nicht reden hat eben Ihren Preis! Und wenn alles dran und dabei ist und Dir die Restauration gut gelingt - sichere Bank würde ich sagen!
Grüße Stefan
P.S.: bring doch ein Krümeltier mit nach Gaggenau wenn du Zeit und Lust hast.
Ich bring eine (deutsche, sorry) Pulle Chasselas mit zum Fachsimpeln

Simply incredible! Amazing restoration work!
I know from experience that working on the early versions of the CCS 800 is extremely difficult and requires a lot of skill. All the tin gears and wheels must be aligned perfectly or it becomes "stuck" ... here you've proven that you're a true master!
Paul

Hallo Rei,
Das Vertretermodell der CCS gab es früher auch im Märklin Museum. Ich habe es da aber nicht mehr gesehen, seit dem Trubel vor einigen Jahren, und ich frage mich ob es vielleicht doch andere Wege gegangen ist.
schöne Grüße in das Tal der Sihl,
Evert
Hallo und vielen Dank für die vielen likes und Kommentare!
Hier kommt die kurze Fortsetzung zum Abschluss der Restauration:
Hier noch ein Bild von dem reparierten Rad: das Gewinde für die Gestängeschraube ist von einem Nachbaurad ausgetrennt worden und mit Loktite in das alte Rad eingebaut worden. Ein bisschen Farbe dazu und es sieht wieder richtig schick aus. Ich finde, es lohnt sich die alten Räder zu erhalten, weil gerade auch die (alten) Räder die originale bzw. historische Anmutung des Modells ausmachen.
Zur Endmontage ist nach Feststellung der Fahrtüchtigkeit ist ja eigentlich "nur noch" das Gehäuse auf das Fahrwerk zu schrauben.
Also: alle Drähte und die Beleuchtungsanschlüsse positionieren:
Aber, sooo einfach ist das nun auch wieder nicht. Insbesondere, wenn man nicht ständig diese Lok vor sich hat.
Es gilt eine ganz bestimmte Reihenfolge zu beachten!
Nicht so wie bei meinem ersten Versuch:
Man kann nämlich die Gewichte nicht unter die montierten Hauben "schieben"!
Also alles wieder auseinander: Vorläufer abschrauben, Beleuchtungsplatinen aus den Vorbauten ausbauen und Vorbauhaube demontieren.
Und nun in der richtigen Reihenfolge:
erst die Gewichte aufsetzen:
dann die Mittelhaube aufsetzen.
dann die Vorbauten aufsetzen.
dann die Beleuchtungsplatinen positionieren
dann die Vorläufer montieren.
Und dann ist sie fertig:
Und dann geht es zur Sicherheit und zum Lampentest nochmals auf die Versuchsstrecke:
https://youtu.be/ILzNlXKPVEo
das Filmchen ist zwar nur 29 Sekunden lang - aber es zeigt sich: sie läuft - sogar gleichmäßig.
Und dann geht es ab in die Originalverpackung:
Jetzt liegt die Lok gut verpackt im Reisekoffer und wird am Freitag nach Gaggenau mitkommen - mit etlichen anderen Kollegen aus der frühen Nachkriegszeit.
Frank und ich werden dort eine kleine Anlage aufbauen und freuen uns über Besuch zum Schauen und Fachsimpeln.
Wir freuen uns riesig die Märklinistengemeinde wieder zu treffen!
Bis dahin
Stefan
Zitat von dampnix im Beitrag #16
... Jetzt liegt die Lok gut verpackt im Reisekoffer und wird am Freitag nach Gaggenau mitkommen - mit etlichen anderen Kollegen aus der frühen Nachkriegszeit ...
Bis dahin
Stefan
Hallo Stefan,
da bin ich schon ganz gespannt, wie dieses aussergewöhnliche Objekt im Original und aus der Nähe aussieht! Und ob bei den "anderen Kollegen" auch zwei ganz frühe von 1935 (je ein Exemplar von Märklin und von Trix) dabei sein werden? Dann wären - aus meiner Sicht - gleich mehrere frühe Meilensteine der 00-Loks zusammen.
Viele Grüße
Günther
Hallo Stefan,
Ich habe Deinen Artikel eben erst entdeckt - eine schoene und sorgfaeltige Arbeit, wirklich prima! Ich habe auch schon vor einiger Zeit genau das gleiche CCS restauriert (und noch ein paar andere von diesen 'fruehen'). Meins war auch im identischen Zustand und kam auch urspruenglich aus dem Nachlass eines GIs. Ich musste auch beide Fahrwerke, Verkabelung und alle Raeder ersetzen. (Meine Fahrwerke sind uebrigens auch von Paul Koke). Gehauese sind soweit i.O. aber eine der Vorbauten hat sich auf der Seite die ins Mittelgehauese eingreift etwas in die Breite gedehnt so dass die Lok nur noch den grossen Parallelkreis ohne zu entgleisen schafft - es hakt ein bisschen! Ich wollte noch kurz anmerken, dass sich es hier nicht um eine 'reine' Version 1 handelt sondern um die Uebergangsversion zur 2. (also vermutlich mitte 1947 hergestellt) da sie ja schon Pantos v. 4.1 hat, die Kardanschrauben sind jetzt die Gewindestifte mit Kontermutter und die Lager vom Laengstrieb sind schon Messing (bei der 'Urversion' sind sie in Eisenhuelsen). Da ich die Pantos bei mir ersetzen musste habe ich die auf v.4 (von TTN) geaendert..ein paar Bilder werden noch nachgeliefert....
Gruss von der Insel!
Karim