Seit Beginn des Eisenbahnverkehrs wurde der Betriebssicherheit ein hoher Stellenwert eingeräumt. Dies betraf vor allem die Kommunikation zwischen den Bahnhofstationen, den Stellwerken, den Schrankenwärterposten usw. Züge wurden geleitet, angekündigt und weitergegeben durch Signalstellungen, Läutewerke, telegrafisch und fernmündlich. Alle Meldungen wurden neben den optischen und akustischen Signalen auf elektrischen Leitungen weitergegeben.. Jedem bekannt sind die charakteristischen Telegrafenleitungen entlang einer Bahnstrecke, die heutzutage wegen der Verdrängung durch den Funkverkehr nur noch sporadisch anzutreffen sind. Ein realer Porzellanisolator der Eisenbahn, mit dem charakteristischen grünen Streifen:
Ein vertiefender Beitrag zur Bahntelegrafie im Eisenbahnforum „Drehscheibe online“:
Diese Telegrafenleitungsmasten hielten natürlich auch Einzug ins Kinderzimmer fürs Eisenbahnspiel. So kann z. B. bei Bing in den im Katalog „ Der kleine Eisenbahn-Ingenieur" von 1898 aufgeführten Gleisbauplänen die jeweils vollständige Bestückung einer solchen Anlage mit vielen Telegrafenmasten entlang der Strecke nachgewiesen werden. Auf der großen Anlage (Seite 13 des Kataloges „Der kleine -Eisenbahningenieur“) sind, um der Realität nahe zu kommen, 30 Telegrafenstangen aufgeführt.
Alle Spielzeugfirmen lieferten Telegrafenstangen mit den Isolatoren, bzw. garnierten die Bahnhofsgebäude, Läutewerke usw. mit den kleinen porzellanweißen Blei-Isolatoren. Diese Telegrafenmasten waren nicht immer mit den Firmenlogos gekennzeichnet. Bei den folgenden 5 Ausführungen ist der Nachweis im Bing-Katalog von 1898 gegeben, trotz fehlenden Firmenzeichens, denn diese fanden sich bei einem Bing-Bahnhof von 1898.
Im Verkaufskatalog von 1898 ist die zugehörige Beschreibung aufgeführt:
Die 20 cm-Stangen (nach Restauration) stehen auf jeweils einem Bleigußsockel von 4,5 cm Durchmesser, bräunliche Farbgebung:
Die Modelle der 28 cm Ausführung stehen auf einem gußeisernen Sockel mit 7 cm Durchmesser, Mast gelblich, Sockel grau mit den fast Bing-typischen grünen Farbtupfern:
Märklin bietet bei zwei vorliegenden, fast Bing - identische Telegrafenstangen dieser großen Ausführung in 27 cm Höhe an, lediglich die Isolatorenhalterungen sind insofern anders strukturiert, als die Träger aus einem Blechring entspringen, der über die Stange geschoben und verlötet ist. Die Mastfarbe ist gelblich, der gußeiserne Sockel ist grau lackiert mit bräunlichen „Ringen“ in Höhe der Basis und der mittigen Stufe. Interessanterweise sind die beiden gußeisernen Sockel bis auf die Farbgebung gleich ausgeführt, ja auch die Verbindungsstabilisierung des Blechmastes mit dem Sockel ist identisch ausgeführt, nämlich durch Stabilisierung der Steckverbindung Blechrohr-Gußsockel mittels eingeschlagenem „Verriegelungsagel“ von unten. Die Zuordnung zu Märklin ist hier sicher, da das Märklin-Firmenzeichen aufgestempelt ist und beim zweiten gleichen Mast Germany. Links drei Bing-Telegrafenmaste, rechts die zwei Märklinausführungen. Die Sockel von unten, links drei von Bing, ohne Firmenzeichen, rechts die zwei Märklin - Sockel.
Im Bing-Katalog von 1909 tauchen dann Telegrafenmaste mit mehr Isolatoren auf, unter der Nummer 13897/1 eine Ausführung mit 8 Isolatoren und 26 cm hohem, gelben Mast auf rötlichem Bleigussockel, 4,5 cm Durchmesser.
Zwei weitere 19,5 cm hohe, gelbe Telegrafenmaste mit 7,5 cm Blechsockel, einmal grün und einmal braun mit 5 Isolatoren ohne Firmenseichen kann ich nur spekulativ Carette zuordnen, fallen diese doch durch die Carette-typischen Bohrungen in den Isolatorenspitzen auf.
Grüner Blechteller unten, links schwarz lackiert, rechter brauner Blechteller blank mit Prägung „Made in Germany“ und Tinten und Bleistiftnotiz: 60Pfennig (P in Sütterlin) und 3405
Last not least ein kleiner 15 cm hoherTelegrafenmast einfachster brauner Blechausführung und runder Bodenblechprägung „Made in Germany“ der nicht zuzuordnen ist:
Abschließend eine Eigenkonstruktion, Fernsprechwellblechbude, aus Dosenblech zusammengelötet.
Hallo. Die "Verdrängung" hat viel wesentlicher mit der Elektrifizierung und der damit einhergehenden Störeinstrahlung zu tun. Das wären zum Einen kapazitive Einkopplungen bei parallel verlaufenden Leitungen und zum anderen und wesentlich erheblicheren Teil auftretende Induktionsspannungen. Mit diesem Problem haben alle Telefonnetzbetreiber zu tun, welche normale kabelgebundenen Verbindungen betreiben. Die Lösung bestand in gut abgeschirmter Erdverkabelung mit entsprechend großem Abstand zum Verursacher (hauptsächlich in Betrieb befindliche E-Loks). Und so verschwanden die alten Freileitungen. Mit aufkommender Digitalisierung und dem Einsatz von Glasfaserkabeln waren die Probleme endgültig gelöst. Ps. Realsozialistisch wurde nicht digitalisiert, da wurde pulscodemoduliert - ist aber das Selbe. LG Steffen
Als Nachtrag ist zu ergänzen, dass Bing seiner selbst gestellten Aufgabe, Lehrspielzeug für die Jugend zu fertigen, auch der damit verbundenen Verpflichtung nachkam, entsprechende Morse-Farbschreiber für das lehrreiche Spiel anzubieten. Diese funktionieren tatsächlich nach Aufziehen des Uhrwerkes, Einfädeln des Papierstreifens in das Walzen-Rollentransportsystem,Tränken des Schwämmchens mit Tinte und Herstellung der elektrischen Drahtleitungsverbindungen. Nach Freigabe des Uhrwerkes mittels Hebelverschiebung wird der Papierstreifen von der Rolle gezogen, an dem tintenbenetzten Rädchen vorbeigeführt und, entsprechend dem übertragenen Morsecodetakt, bedruckt.
Auch das nötige Braunstein-Trockenelement für den, dem entsprechenden realitätsanahen elektrischen Betrieb, gab es.
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LG Steffen, der jetzt Schluß macht und gleich davon träumt, wie er früher mal Tempo 22 geschafft hat (110 Buchstaben/Min.)
Da habe ich doch tatsächlich im vorletzten Wort einmal "r" und "k" verwechselt! MIST! Macht aber nichts, war ja Funker und waren max. 3 Fehler auf 100 Morsezeichen zulässig. Außerdem hatte ich den Ehrgeiz, ob ich es noch ohne Hilfe zusammen bekomme, hat an einer Stelle dann auch etwas länger gedauert. Das Problem ist auch nicht das Hören und Verstehen des Gepiepses, sondern das Mitschreiben (und hinterher lesbar muß das auch noch sein!) Spaß hat das damals aber trotzdem gemacht.
Ciao, jetzt mache ich den Rechenknecht aber wirklich aus.
vielen Dank für den Beitrag, wie immer in musealer Qualität. Es ist sehr schön, Bilder, also Fotos, der Stücke aus den Katalogen zusehen. Telegraphenmast gehörten zweifelsohne zu jeder Modellspielanlage. Doch heute sind sie eher rar.
Hallo Ihr Morsespezialisten Habe hier noch eine Orginalpapierrolle. 1965 aus dem damaligen schon geplünderten Bahnhof "Grube Dechen" mitgenommen. Es stand dort seinerzeit noch die komplette Morseapparatur!
Moin. So ist das, richtige Freileitungslinien sieht man fast gar nicht mehr. An den Hauptstrecken verschwanden sie mit der Elektrifizierung, aus oben erwähnten Gründen, und an den Nebenstrecken … welchen Nebenstrecken eigentlich? Die sind ja auch verschwunden. Der Unterhalt von Freileitungslinien ist ja auch aufwendig, da reißt mal was oder der Sturm läßt gleich einen ganzen Baum durchfallen, da verfangen sich Äste und Zweige drin und machen besonders im Herbst, wenn sie feucht sind, Ärger und müssen von Hand wieder entfernt werden, es sind technische Maßnahme zum Überwinden der Übergangswiderstände zwischen den einzelnen Feldern nötig (Frittung). Da ist Erdverkabelung, auch wenn sie beim Errichten erstmal mehr kostet, auf Dauer doch wartungsärmer und damit dann billiger und vor allem zuverlässiger. Irgendwann kennt Freileitungen niemand mehr und baut es dann auch nicht mehr im Modell nach. Bei der DR gehörte morsen noch bis in die 1960er Jahre zur Ausbildung für B&V-Eisenbahner. Danach wurde das aufgegeben, da stand Telefonie/Fernschreiber ausreichend zur Verfügung. Meine Mutter hat immer erzählt wie froh sie war, das nicht mehr lernen zu müssen. In der Funkerei hielt sich morsen länger, ist aber inzwischen auch dort selten geworden. Die alte Papierrolle ist ja interessant, aber mit fehlt irgendwie der Platz - leider. Hätte nach der Wende sogar noch einen ganz alten Fernschreiber retten können, einer von denen mit runden Glastasten, aber das Platzproblem. Also auch von mir vielen Dank für das Zeigen der Bilder und natürlich auch viele Grüße … - . ..-. ..-. . -.