Die Stoppschaltung und Geschwindigkeitsregulierung früher BING- Uhrwerklokomotiven.
In dem Büchlein von U. Becher/W. Reiche, “Bodenläufer, Spielbahn, Supermodell” des ALBA-Verlages von 1981 ist zum Thema “Uhrwerklokomotiven” zu erfahren, dass man “diese ersten Uhrwerkslokomotiven allein nicht laufen lassen konnte wegen des fehlenden Regulators. Dieses schossen nämlich los wie eine Rakete, um dann in der nächsten Kurve umzufallen. Wenn man sie dann wieder auf das Gleis stellte, war das Uhrwerk praktisch schon abgelaufen”. Bings Techniker verbesserten den "Betriebskomfort" insofern, als sie 1. eine vom Gleis auslösbare Halteinrichtung und 2. die Fahrgeschwindigkeitregulierung konstruierten. Das ist am Beispiel zweier frühen Uhrwerkslokomotiven nachzuweisen. Die abgebildete Spur I Uhrwerklok
weist ein unreguliertes Messinguhrwerk auf, das nach Aufziehen der kräftigen Feder zur Folge hat, dass die Maschine tatsächlich losrast und in der nächsten Kurve umfällt. Das Uhrwerk läuft dabei weiter ab. Die Zügelung der Fahrgeschwindigkeit ist durch anhängen von Wagen zu erreichen. Die Lok kann vom Gleis aus durch einen aufstellbaren Bügel zum Stillstand gebracht werden, indem ein “Anschlagstutzen”, der quasi als Finger unten aus dem Uhrwerk herrausragt , von dem aufgestellen Bügel im Gleis zur Seite gedrückt wird, mit der Folge, dass sich zwei auf einer federgespannten Achse montierte Bremsschuhe an die gußeisernen Räderlaufflächen der ersten Achse anlegen und diese bremsen. Auf diese technische Neuerung wird mit einer Gebrauchsmusterangabe auf der rechten Führerhausseite verwiesen. Die folgenden Bilder mögen das verdeutlichen:
Das Gebrauchsmusterdokument, vom Patentamt handschriftlich geführt, vom 31. März 1898 konnte ausfindig gemacht werden:
Der Stellhebel mit den Bremsschuhen:
Die Bremse kann durch Zug an einer Kugelhebelstange im Führerhaus gelöst werden. Der Schriftzug gibt den Hinweis.
Diee Maschine weist keine Geschwindigkeitsregulierung auf.
Diese kann jedoch beim Nachfolgemodell gefunden werden. Diese Maschine in früher Lithografieausführung ist prinzipiell gleich dem Vorgängermodell ausgeführt, trägt identische Dampfdome, den Kamin ohne Ringkrone und ein stabiles Messinguhrwerk mit filigraneren gußeisernen Speichenrädern.
Das Uhrwerk weist den Regulierungsmechanismus auf, der am 26. September 1901 patentiert wurde.
Das umgesetzte Patent im Uhrwerk : Funktionsbeschreibung: Siehe Patentschrift.
Die Messing-Achse, gegen die die Schwunggewichte (Kugeln) schlagen.
Dies Patent wurde bereits am 17. August 1903 im Sinne eines Zusatzes zum Patent 132256 unter der Nummer 143399 geändert.
Von dieser Hemmung hörte ich noch nie was. Dankeschön! Wie ist die Geräuschentwicklung? Ich stelle mir vor, das rasselt richtig los. Eine Hemmwirkung findet ja nur jede halbe Umdrehung statt.
Riera....danke für Deine interessante Darstellung der Fertigung/ Patentierung von Regulator und Bremsvorrichtung bei Bing. Deine Beiträge sind äußerst informativ, zumal für Kollegen, die nicht so tief in der Materie sind. Ich bin ja auch kein Bing Experte....
In diesem Zusammenhang aber folgender Hinweis....
Mir ist bei Durchsicht des 95 er Bing Kataloges aufgefallen, dass dort schon bei der Uhrwerkslok von einer Bremsvorrichtung gesprochen wird (Anlage 9651/0). . Ebenso bei der Anlage 9651/3. Eine Bremsschiene kann ich aber auf der Katalogabbildung nicht entdecken. Ebensowenig reicht die Darstellung der Lok im Katalog aus, um da etwas Konkretes zu entdecken...Ob nur bei der Lok per Hand eine Bremse auslösbar war ??..........Wie dem auch sei.....
hier dazu Foto und Text....
Ich vermute daher, daß Bing diese Vorrichtung ....wenn sie schon schon damals entwickelt wurde....erst später patentiert hat. Evtl. gibt es auch ein älteres Patent ?
Hallo Michael, wenn ein wenig Spekulation im Konjunktiv erlaubt ist, so meine ich im Bing-Katalog von 1894 (Leonhard Dingwerth I, Bing 1894, S. 9) ….“Uhrwerk-Lokomotive mit Bremsvorrichtung….“am Gleisabschnitt vor der Weiche links eine Einrichtung ausmachen zu können, die mit Fantasie vielleicht einer Bremsauslösungsvorrichtung entsprechen könnte. Wie immer wurden technische Neuerungen in Praxi ja zunächst am Objekt im Betriebsversuch erprobt, um dann, wenn sich die Neuerung als brauchbar und erfolgsversprechend erwies, als Gebrauchsmuster im Sinne einer Patentanwartschaft anzumelden. Vielleicht war das so. Ob so eine ur-uralte Uhrwerklok noch überlebt hat? Wünsche schönes WoE, R.R.
Hallo! Bing-Tunnel hat es gegeben. Und einige haben überlebt: Am ehesten kommt der folgende dem abgebildeten wohl nahe: Nr. 14095/1: Blech, beworfen, fein plastisch bemalt, zusammenklappbar, Spurweite I-48 mm, 26 ½ cm lang, 20 1/2 cm hoch, per Stück Mk. 2.30 .
Aber auch Nr.13929/1 Tunnel in wirkungsvoller plastischer Darstellung, Blech beworfen fein plastisch bemalt, für Spurweite 1-48mm, 26 cm lang, 19 cm hoch, per Stück Mk. 1.35 gab es:
Auch Märklin hatte einen Bechtunnel angeboten, der wegen der Grotte interessant ist.
Hallo Claudia, der von RIERA in Beitrag #7 gezeigt Tunnel ist weniger selten als gedacht. Im Bing-Buch, Archiv Nr. 17 von Claude Jeanmaire "Die Modellbahnen unserer Großväter" ist auf Seite 37 ein Inserat der LLA, Leipziger Lehrmittelanstalt des Jahres 1894 abgedruckt. Allerdings stammt das Klischee für diese Anzeige von der Firma Schoenner. Schoenner hat also diesen Tunnel vertrieben, wie z.B. aus deren Katalog des Jahres 1902 hervorgeht: Siehe nachfolgendes Bild die Detailansicht Im gleichen Bing-Buch ist auf Seite 47 der Tunnel von der Seite zu sehen. Alle Teile auf dieser Seite wurden von Issmayer für Bing gefertigt, so auch der gezeigte Tunnel. Auch im Issmayer Buch von Micheal Bowes ist der Tunnel abgebildet. Viele Grüße Wolfgang
P.S. Das genannte Buch habe ich übrigens doppelt. Könnte ich für 7 € abgeben.
Seit heute darf ich mich auch in die Riege der Bing-Uralt-Diskutanten einreihen. Mir ist ebenso diese Lok von 1898 zugelaufen. Daher kann ich Rieras Beitrag hier ergänzen und muss ihn leider auch korrigieren.
Die von Dr. Riedel oben gezeigte Bremsschiene kann nicht zur Lok passen. Denn der Bremshebel löst nicht durch einen Druck nach oben aus, sondern nach rechts (in Fahrtrichtung, von oben gesehen). Das zugehörige Bremsgleis fand ich in dem Konvolut, zusammen mit vielen weiteren uralten Gleisen, die ich noch nicht weiter gesichtet habe. Das Gleis ist sehr unscheinbar und dürfte kaum Aufmerksamkeit in einer Wühlkiste erzeugen.
Ich zeige die zwei Stellungen für Bremsen (in Richtung Gleis geschobener Hebel) und Fahrt frei (herausgezogener Hebel. In der Unteransicht sieht man wie der Messinghebel der Bremsauslösung durch das schräg gestellte Blech zur Seite gedrückt wird. Diese Auslösung funktioniert in beide Fahrtrichtungen. Aber sie funktioniert nicht bei Rückwärtsfahrt. Das ist bei der Lok aber egal, sie fährt nur vorwärts.
Ein Nachbau dieses Gleises ist sehr einfach. Es ist nur gebogenes Blech.
Hallo Y. willkommen in der "erlauchten Riege" der Sammler vor 1900. Sehr interessant. Muss man genau prüfen. Kannst Du mal das Gleis mit den übrigen Schwellen ablichten? Dann kann man den Zeitraum besser einordnen, evtl. auch von unten. Hatte mal zu einem Stammtisch jede Menge Stopp-Gleise mitgenommen. Ich vermute vorsichtig, dass Bing diese Variante etwas später gebaut bzw. vertrieben hat. Eine ähnliche Variante hatte Bing für den amerikanischen Markt angeboten, das war aber wesentlich jünger als Deine neue Lok. Viele Grüße Wolfgang
Der Fund ist sehr eindeutig. Leider sind alle Gleise mit Silberbronze verschönt worden. Und das Rollmaterial mit Acrylfarbe...
Bei dem Gleis ist der Verbindungsbügel an der 180-Grad-Biegung abgebrochen. Bei anderen Gleisen ist er noch dran. Ich bin nur jetzt zu faul nochmals in den Keller zu laufen.
Es gibt auch noch Gleise mit der frühen Verpressung un dem GB-Zeichen in der Schwelle. Und andere. Aber das hier gezeigte gehört zu den handverlöteten, ältesten Gleisen dieses Fundes.
Handverlötet ist schon mal alt! Aber das eingeprägte Bing-Zeichen kam erst später, ca. ab 1903. Bild habe ich nicht gefunden. Udo hat es auch abgelichtet, beim Stammtisch. Viele Grüße Wolfgang
Bing wählte anfangs wohl vergleichsweise umständliche Lösungen, weil die einfachere bereits im Frühjahr 1893 von Märklin durch ein Gebrauchsmuster (14 468) geschützt worden war.
Viele Grüße,
Bodo
(Um nicht wieder Diskussionen auszulösen verzichte ich auf Quellenangaben und Literaturhinweise.)