zwar bin ich ein Sammler der "großen" Spuren, aber ich interessiere mich auch für kleinere Spurweiten. Und so ist mir ein Beitrag im Prospekt 68 von 1949 der Firma Böttcher, Templin und Bergkamen, aufgefallen. Ich denke, der dürfte für manchen 00-Sammler recht interessant sein.
aus Böttchers Modellbahnen-Welt, Prospekt 68 vom Mai 1949:
Messetreffen der Eisenbahnfreunde 1949 in Leipzig
Auch das fünfte Messetreffen der Freunde des Verkehrs- und Modellbahnwesens versprach ein Erfolg zu werden, nachdem ein Rundgang durch die Messehäuser gezeigt hatte, wieviel Firmen sich mit Modell- und Spielzeugeisenbahnherstellung und - vertrieb befassen.
Aber alle unsere Erwartungen wurden übertroffen, denn der Raum, welcher etwa 120 Personen fassen konnte, war schon eine Stunde vor Beginn derart überfüllt, dass niemand mehr imstande war, an den umlagerten Tisch zu treten. Im Laufe des Abends wurden etwa 350 Besucher gezählt. Viele zogen sich infolge der Überfüllung wieder zurück. Der Tisch war mit Modellen aller Spurweiten vollgebaut, so dass man bei Neuzugängen erst Platz schaffen musste. Nur mit Mühe war es möglich, zwischen den vielen schönen Sachen, die ein Bastlerherz so richtig erfreuen konnten, auf einem 00-Oval mit den herrlichen Modellen Versuchsfahrten durchzuführen.
Nach einer Begrüßungsrede von Herrn Kühnel, in welcher er auf den Zweck unseres Treffens hinwies, gingen wir dazu über, unter dem Titel "Der Bastler hat das Wort" die Veranstaltung ins Rollen zu bringen. Leider ist es nicht möglich, alle Modelle einzeln aufzuzählen. Fast konnte man vergessen, dass die Firmen Märklin und Trix nicht vertreten waren.
Der uns schon bekannte Lokführer aus Chemnitz zeigte in Spur 00 eine Lok Reihe 74 und einige Personenwagen in vorzüglicher Ausführung. Herr Hornbogen, Leipzig N 22, konnte uns eine E 44 in sehr solider Bastlerarbeit zeigen, zumal auch der Motor selbstgebaut war.
Einen dreiteiligen Dieseltriebzug zauberte Herr Dräger, Leipzig O 5, aus seinem Koffer und erklärte die Bauweise.
Einen weiteren Dieseltriebwagen und Steuerwagen für 120 St/km in Sperrholzbauweise brachte Herr Mähler zum Vorschein.
Das viel erörterte Problem der Schienenreinigung hatte Herr Besser, Halberstadt, durch den Bau eines Schienenreinigungswagen zu lösen versucht. Auch einen Kranwagen sowie eine 2 C 1 aus seiner Hand konnte man bewundern.
Ein paar Herren von der Bastlergruppe RBD Erfurt zeigten Personenabteilungen und Güterwagen mit richtig gefederten Achsen.
Auch der uns schon von der Herbstmesse bekannte Afrikamodellbauer, Herr Wehrmann, Michendorf, zeigte diesmal einen Beyer-Garratt, 2 D 1 - 1 D 2 der Uganda-Railway. Doch, wie wir sehen, vernachlässigt er auch unsere Eisenbahn in der Heimat nicht. Ein achtzehnachsiger Schwerlastwagen stellte es unter Beweis. Wie immer war das Material eine alte Dachrinne oder Badewanne.
Von der Dresdner Weihnachtsmesse wohl vielen bekannt, baute Herr Voigt eine von Herrn Mähler gefertigte sächs. Schmalspurlok mit Wagen auf den Tisch. Die Spurweite ist Spur 00, wie alle bis jetzt aufgeführten Modelle, jedoch der Aufbau 1:45. Eine Versuchsfahrt der B-B-Tenderlok stellte ihre Zukraft unter Beweis.
Doch auch Spur 0 war mit einem Wechselstromtriebwagen für 120 St/km - der Erbauer stammt aus Halle und gab einige Erläuterungen zur Schaltung - vertreten. Auch einige Wagen konnte man bewundern.
Dem allgemeinen Wunsche entsprechend und vor allem der Aussteller wegen, die nun von den Messehäusern kamen, wurde eine kleine Pause eingelegt, damit sie Gelegenheit hatten, sich die Bastlerarbeiten anzusehen. In dieser Pause wurde nun eifrig über das bis jetzt gesehene diskutiert, und man hatte Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen.
So konnten wir unter anderem den ersten Vorsitzenden des Magdeburger Modelleisenbahnvereins begrüßen. Auch Herr Hahn von der RBD Erfurt machte einige Ausführungen über die Gründung der Bastlergruppe in Erfurt und regte zur Nachahmung an.
Herr Ganzer berichtete nun über seine von der Firma Ganzer u. Gaul, Berlin, herausgebrachten Sachen, so die Erga-Gleise und -Fahrzeuge. Diese Erzeugnisse haben als Grundstoff Pappe und werden als Bastlerbogen geliefert, ferner eine Akkulok, einige Güterwagen und Weichen in der Spur 00.
Auch Herr Herr, Berlin O 112, stand Rede und Antwort über seine Lieferung an Einzelteilen und Fertigerzeugnissen. Wie wir erfahren, ist jetzt eine kleine B-Lok-Elektrotype "Bulli" erschienen. Auch der schon bekannte S-Bahnwagen wurde erläutert.
Von Herrn Bartsch, Berlin NW 87, brachte uns Herr Herr eine kleine Straßenbahn mit, welche auf dem Versuchsgleis ihre Runden fuhr. Alle aufgeführten Sachen sind Spur 00.
Herr Wehrmann zeigte in Vertretung von Herrn Bibel (Hinweis von Micha vom 6.9.2019: Es dürfte sich um Franz Biebel FRABI handeln), Wilhelmshorst, ein paar sehr nette Zeichnungen und Achsblenden usw.
Von der Firma Ing. Niemeyer, Aue, konnte man die meisten Güterwagentypen und eine 2 C 1 in Spur 00 betrachten.
Die Firma Technikus, Berlin, stellte eine ganz neue amerikanische Diesellok und einige Wagen zur Schau und Herr Schmidt machte die nötigen Erläuterungen dazu. Er wies auf die große Zugleistung hin und so einige andere Neuerungen, die man nicht im Einzelnen aufzählen kann.
Natürlich war auch Herr Swart, Plauen, wieder mit seinen beliebten Güterwagen und Signaltafeln vertreten. Auch zeigte er noch verschiedene Drehgestelle in solider Ausführung.
Alles bis jetzt Aufgeführte waren mehr oder weniger Fertigfabrikate. Herr Ehlke, Dresden, ist nun anderer Ansicht und er meint, den Bastlern am meisten zu helfen, wenn er fertige Baukästen liefert. So konnte man einen sehr netten C i - Wagen, einen 0-Wagen und einen G-Wagen in Einzelteilen sowie im Zusammenbau bewundern. Wie er uns erklärte, wird auch in Kürze die beliebte 2 C 1, Spur 00, lieferbar sein. Auch das stark gefragte Schienenprofil konnte man besichtigen.
Schließlich packte Herr Schönherr von der Firma Schüttpelz, Berlin N 54, seinen Koffer aus und baute auf den schon übervollen Tisch seine niedlichen Wagen und Zubehörteile, z.B. Bahnschranken, Stellwerke u.a. auf.
Viele hatten schon lange die netten Landbahnhöfe und Güterschuppen sowie Bahnwärterbuden bestaunt, die verstreut über den Tisch aufgestellt waren, und Herr Semmler, Köthen, konnte nun Aufschluss geben. Somit war auch die Industrie in Spur 00 sehr reichhaltig vertreten.
Wie schon einigen Modellbahnern bekannt, ist im Stadtgeschichtlichen Museum eine große Modellanlage aufgebaut. Herr Schemmel, der jetzige Besitzer, gab eine kurze Erklärung und lud zu einer Sondervorführung am Freitag, dem 11. März 1949 gegen 18 Uhr ein.
Herr Butz, Berlin, konnte uns zum ersten Mal die 24-mm-Spur vor Augen führen. Alle hatten schon die E 244 31 und die Güterwagen bewundert und hatten gefunden, dass man dieser Spurweite doch einige Beachtung schenken muss. Jedenfalls waren die gezeigten Modelle nach dem Urteil aller Anwesenden vorzüglicher Ausführung.
Bei der Spurweite 0 hatte Firma Gebert, Altlandsberg, einige Mühe, ihre Modelle auf der Tischplatte unterzubringen. Wiederum wie zur Herbstmesse konnte man eine T 3, einen Dieseltriebwagen und einige Personen- und Güterwagen bestaunen.
Inzwischen war es auch einem Herrn der Firma Liebmann, Stadtilm (Ortsnamen am 6.9.2019 korrigiert ), gelungen, durch die Interessenten einen Weg in Tischnähe zu finden, und seine Erzeugnisse wurden zur Diskussion gestellt. Ein vierachsiger Triebwagen und Schienen in sehr kräftiger Ausführung wurden herumgereicht.
Herr Zeuke von der Firma Zeuke u. Wegwerth, Berlin-Köpenick, konnte eine nette Tenderlok 1 B, Wagen sowie Schienen aus seiner Produktion zeigen.
Inzwischen hatte sich auch ein Bastler eingefunden und auf einem anderen Tisch eine ganze Menge Straßenbahnmodelle aufgebaut. Überhaupt schienen sich die Straßenbahnfreunde etwas nach dieser Richtung hin verzogen zu haben. Herr Goltsch, Leipzig N 26, machte anschließend einige Ausführungen über die von Herrn Hesse, Markkleeberg, gebauten Modelle. Auch eine Krokodillok der neuen Märklinproduktion musste alle möglichen Versuche über sich ergehen lassen und zog damit wiederum die Aufmerksamkeit nach dem Mitteltisch.
Herr Kühnel flocht einen kleinen Vortrag über Vorschaltgeräte ein und wies auf die Schwierigkeiten hin, die bei Gleichstromnetz bestehen. Anschließend löste sich die Veranstaltung in einzelnen Unterredungen auf.
So allerhand wechselte seine Besitzer und der Tisch leerte sich allmählich. Auch einige alte Märklinerzeugnisse wurden angeboten und waren im Nu vergriffen. Manche bedauerten es sehr, nicht noch einen noch größeren Koffer mitgebracht zu haben, um noch mehr einkaufen zu können.
Leider waren einge Firmen infolge Platzmangel nicht in der Lage, ihre Erzeugnisse aufzustellen. So konnte Herr Anke, Berlin, seine Spur-0-Bahn nicht aufbauen. Ebenso erging es noch anderen Berliner Firmen. Zum Beispiel wollte Herr Ing. H. Böhmer GmbH, Berlin-Schöneberg, seine S-Bahn-Zug aufstellen, welcher die Stromzufuhr durch eine seitliche Stromschiene erhielt. Herrn Fahrbach, Leipzig O 5, von der Firma Elektrospiel, war es ebenso unmöglich, seine 2 D 1-PLM-Maschine Spur 0 von der Firma Märklin vorzuführen.
Jedoch fehlte es am Freitag mit diesen Fahrzeugen an Versuchsfahrten auf der Anlage von Herrn Schemmel nicht. Die Sondervorführung im alten Rathaus war eigentlich die Fortsetzung des Messetreffens. Leider waren viele Interessenten infolge anderweitiger Verpflichtungen nicht in der Lage, daran teilzunehmen, und die Besucherzahl war dementsprechend geringer. Herr Schemmel gab nun interessante Erläuterungen zu diesem technischen Wunderwerk.Wohl gab es schon bedeutend größere Anlagen, aber diese waren Industrieerzeugnisse und hier handelt es sich um die Bastlerarbeit eines Tischlergesellen, also eines Laien namens Mohrbach, gebürtig aus Reichenbach im Vogtland, welcher in 30-jähriger Arbeit, in eine solche artet die Bastelei schließlich aus, ein bahntechnisches Lehrmittel geschaffen hat. Es ist möglich, auf dieser Anlage nach dem Blocksystem zu fahren. Herrn Schemmel gehört der Verdienst, die Anlage der Vergessenheit entrissen zu haben, denn der Erbauer ist im Jahre 1937 verstorben. Auch an diesem Abend schlossen sich Besprechungen über das Modellbahnwesen an.
An beiden Abenden konnten wir auch schon einige Damen begrüßen, und es hätte sich bald ein Damensalon als nötig erwiesen. Übrigens greift das Interesse an der Modelleisenbahn in alle Berufsarten. Vom Handwerker angefangen bis zum Kaufmann, Kapellmeister, Ingenieur und Regierungsrat, und wie immer kamen sie wieder aus allen Teilen Deutschlands. Auch aus der Westzone konnten wir einige Herren begrüßen.
Da der Beginn der Herbstmesse noch nicht feststeht, kann auch das nächste Treffen noch nicht festgelegt werden und es wird auf spätere Bekanntgabe verwiesen.
Nun wünscht allen einen recht guten Erfolg mit unserem Steckenpferd. Arndt-Kühnle
Mod-Edit: Quellenangabe im Text und Titel präzisiert
Diese alten Böttcherhefte enthalten so viele spannende Informationen und haben es immer wieder verdient, ins aktuelle Bewusstsein zurückgeholt zu werden.
Hallo Udo, vielen Dank für das aufspüren dieses sehr interessanten Artikels. Für mich als "Ostsammler" besonders spannend der erstmalige schriftliche Hinweis auf Ing. Niemeyer aus Aue. Vor einigen Jahren tauchte mal ein ganzes Konvolut Wagen auf, damals konnte niemand etwas mit dem Hersteller anfangen.
wahrscheinlich ein Schreibfehler vom Journalisten und Eisenbahnsammler Arndt-Kühle. Ich denke auch, dass es sein kann, dass mit "Herrn Bibel" der "Franz Biebel" gemeint sein könnte. Der Journalist fragt, und der Angesprochene sagt "Bibel".
Moin. Danke für den schönen Artikel. Ob mit dem Vertreter der Firma Liebmann Stadthagen nicht eher Liebmann aus Stadtilm gemeint war?Triebwagen würde ja passen. Und weis jemand mehr über Herrn Butz, der da was in Spur ZO zeigte?
Hallo Steffen, in der MiBa erschien ein sehr ähnlicher , allerdings eingekürzter, Artikel. Aber auch dort schwieg man zu den ausgestellten Sachen von Butz.
Ohhh, pardon. Natürlich "Stadtilm". Ich hatte vorher Bierdeckel der Städtischen Brauerei Stadthagen in der Hand.
Man merkt, man wird alt.
Zu Herrn Butz. Da gibt es Anzeigen von 1947 und 1948:
Nicht zu groß Nicht zu klein die 24 mm-Spur Sofort lieferbar sind: 9 verschiedene Güterwagen Personen- und Güterzuglok E 44 Achsen, Kupplungen In Vorbereitung: D-Zug-Lok und Personenwagen Ab Lager: Bastelteile für die 24 mm-Spur Auslieferung durch: Willy Butz Generalvertretung und Verkaufsbüro für Moselleisenbahnbedarf Berlin N 113, Greifenhagener Straße 47
und Januar 1950
Für das Jahr 1950 wünsche ich meinen Geschäftsfreunden einen guten Start und viel Erfolg! WILLY BUTZ Die vielfach gewünschte Preisliste für Bastler- und Modellbau-Teile der Zo (24 mm) Spur erscheint im Februar 1950 und bringt Wagen- u. Lok-Bauteile sowie komplette Erzeugnisse der 1950er Neupro- duktion. Gleis- und Weichenbaupläne f. Zweileiter- system der 24 und 16 mm Spurweiten, mit neuer Schienenbefestigung, sind bereits jetzt lieferbar. WILLY BUTZ Großhandelsbüro f. Modell-Eisenbahn-Bedarf (1) Berlin N 113, Greifenhagener Str. 47 (Bei allen Anfragen Rückporto beilegen)
und im Mai 1950
Von Herstellern von Eisenbahn.Modellbau- teilen und fertigen Modellbahn-Erzeugnissen erbitte ich ständig Angebote zur laufenden Abnahme. Erwünscht sind Artikel jeder Art in modellgerechter Ausführung und in bester Qualität, insbesondere Neuheiten WILLY BUTZ Großhandelsbüro für Modellbahnbedarf Berlin N 113, Greifenhagener Str. 47 Fernruf 44 23 75
Weitere Anzeigen habe ich nicht gefunden. Wahrscheinlich wurde er "abgeholt".
Ich hab eventuell noch ein paar Modellbahnsachen aus DDR - Zeit die in Deiner Bildersammlung fehlen könnten , da Sie noch nicht gezeigt wurden , glaub ich .