in der Wikipedia bin ich auf den Artikel Nürnberger Maß gestoßen:
"Als Nürnberger Maß wird eine Normgröße für Zinnfiguren bezeichnet. Sie geht zurück auf den Fabrikanten Ernst Heinrichsen, der 1839 in Nürnberg eine Zinn Compositions Figuren Fabrik gründete und aufgrund seiner Massenproduktion eine Standardhöhe für Zinnfiguren von ca. 28–30 mm etablierte."
Leider weist dieser Artikel einen schweren Mangel auf: Er ist nicht mit einem reputablen Beleg versehen und deshalb auch mit einer Warnung versehen.
Kann jemand hier im Forum etwas zum Nürnberger Maß sagen und einen geeigneten Beleg zur Verfügung stellen ? Vielen Dank im Voraus.
Das eilt ja nicht. Wenn sich das Regal wieder in greifbarer Nähe befinden sollte, würde ich mich über konkretere Hinweise freuen, um diesen Wikipedia-Artikel idealerweise mit einem Beleg zu versehen.
Zitat von Dieter Weißbach im Beitrag #1Fabrikanten Ernst Heinrichsen
Da diese Firma immer noch existiert und auch noch Zinnfiguren herstellt, wäre es doch sinnvoll, direkt dort nachzufragen. Man muss bedenken, dass Heinrichsen fast nur Flachfiguren hergestellt hat. Mir ist bislang von einem Nürnberger Maß nichts bekannt. Auch die Figurengröße ist in dem genannten Beitrag eher klein. Die gängige Größe ist eher im Bereich 45 bis 48 mm zu sehen. Die Figurenhersteller im Nürnberger Raum und auch Heyde, Dresden haben eine Vielfalt an Figurengrößen angeboten. Eine Aufstellung der einzelnen Hersteller mit jeweiliger Größen-Angabe wäre eine Riesen-Arbeit. Spenkuch hatte eine große Palette an halb - und vollplastischen Figuren, beginnend mit 34 mm stufenweise über 48 mm (gängig) bis 55 mm. Haffner hatte zunächst nur die mittlere Größe 45 und 48 mm, seltener 52 mm und erst nach der Übernahme der Firma Johann Andreas Besold (1893) und dessen Formenbestand die halbplastischen Figuren in 30 und 40 mm Größe weiterhin gefertigt. Bei Heyde gab es konkrete Größenangaben, durch vorhandene Kataloge auch belegt: Größe 4 = 35 mm 3 = 43 mm 2 = 48 mm (gängigste Größe) 1 = 58 mm 00 = 68 mm (selten) 0 = 75 mm (selten) 01 = 87 mm (selten) 011 = 120 mm (super selten) Fazit: wenn man sich das breite Spektrum der Zinn-und Bleifiguren genauer betrachtet, ist man weit entfernt von einer einheitlichen Größenordnung. Vielleicht gab es gewisse Bestrebungen zur Normgröße. Innerhalb der Innung wäre dies auch durchaus machbar gewesen. Aber dies hätte unter den beteiligten Herstellern einen einheitlichen Willen vorausgesetzt. Viele Grüße Wolfgang
das sogenannte "Nürnberger Maß" wird auch im Bestandskatalog des Erzgebirgischen Spielzeugmuseums in Seiffen erwähnt.
Es paßt unter anderem zu den Seiffener Männel, wie es sie z.B. bei Flath noch zu kaufen gibt, oder auch zu den Figuren und Fahrzeugen der Porzellanserie für das NSKK, und läßt sich gut im 00-Bereich verwenden.
Konsularbericht des französischen Vizekonsuls in Nürnberg vom 19. September 1888 ... Anhand von Relikten sieht man, dass es lange gedauert hat, bis sich eine Norm durchsetzen konnte. Jetzt hat der flache Zinnsoldat 3 Größen: 1 ) die sogenannte Nürnberger Grösse, ca. 30 Millimeter fürs Fussvolk und 40 für die Kavallerie; das ist das kleinste und die einzige, die von Zinnkennern und den wirklich Eingeweihten geschätzt wird; 2 ) Erste, sogenannte Berliner Größe, der Infanterist von 35 Millimeter Körpergröße und der Reiter 40 und schließlich 3 ) die sogenannte andere Berliner Größe, zu welcher jede Figur über 50 Millimeter gezählt wird. Soldaten zwischen 10 und 15 Zentimeter werden fast nie gemacht, nur Hr. C.L. Besold in Nürnberg liefert von Zeit zu Zeit einige Exemplare.
Im Jahre 1924 bildete sich der Zinnsammlerbund "Clio", der 30 mm, die "Nürnberger Grösse" zum Standard erklärte und als Ursprung Heinrichsen um 1848 nennt. (Quelle "Neue Museumskunde", 1987)
Im Buch von 1928, "Kinderspielzeug aus alter Zeit: eine Geschichte des Spielzeugs" von Karl Gröber steht, dass sich Heinrichsen in Nürnberg und Allgeyer in Fürth auf ein Mass von 33mm für eine erwachsene Figur einigten und alles andere davon abgeleitet wurde.
Im "Deutsches Spielzeug" von Fritzsch und Bachmann von 1965, Seite 65 wird eine Normierung von 30 mm für Mann und 40 mm für Reiter wiederum Heinrichsen und Allgeyer zugewiesen.
Irgendwo in neuerer Literatur wird auch 28 mm als Normmass genannt.
Fazit:
In Bayern war 1 Mass = 2 Seidel = 3 Gazel = 4 Schoppen = 8 Achtel = 1,069 Liter und bezog sich nie auf Zinn. Die "Nürnberger Grösse" für Zinnfiguren wurde mit 30 mm angegeben, wobei auch 33 mm und 28 mm genannt werden. In Preussen waren die Langen Kerls grösser.
Gruss Domenik
Edit: Um 1859 hat Heinrichsen einem Berliner Händler Zinnfiguren nach dessen Vorgaben geliefert welche 1,5 Zoll hoch waren (also nach Berliner Grösse ca. 3.6 mm). Anstelle von Nürnberger Grösse findet sich auch der Begriff "Grösse Heinrichsen". In einem deutschen Zeitschriftenartikel (Daheim, 1891) wird die Beschreibung der Grössen fast wortwörtlich aus dem Konsularbericht wiederholt.
Anbei: Anstelle vom norwegischen, der französische Orginalbericht. Der Bericht aus "Daheim". Ein Bericht zu Heinrichsen aus der Bayerischen Gewerbezeitung allerdings ohne Nennung der Grösse.
Weiter noch: Gemäss Bericht im "American Stationer" von 1889 unterscheidet sich auch die Verpackung: Nürnberger Grösse: Ovale Spanschachtel (kosten den Hersteller keinen Pfennig aber alle Arbeiter haben Lungenkrankheiten) Berliner Grösse: Pappschachtel mit Glasdeckel
Sackbahnhof
hat folgende Dateien an diesen Beitrag angehängt
im Katalog zur Eröffnung des Potsdamer Zinnfiguren-Kabinett 1993 ist auf Seite 9 zu lesen:
"... . Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Nürnberger Offizin Heinrichsen (seit 1839) die vorherrschende Stellung in Deutschland errungen. Sie produzierte in den Figurengrößen von 70, 55 und 33 Millimetern. Dies weist darauf hin, daß die Größe der Figuren anfangs durchaus nicht einheitlich war und auch von Offizin zu Offizin wechselte.
Zu einem Einheitsmaß bestand zunächst auch keine Notwendigkeit. Unterschiedliche Größen fielen beim Spielzeug Zinnfigur wenig ins Gewicht und der Liebhaber erfreute sich an der Einzelfigur und kleinen Gruppen, die er in Vitrinen aufstellte. Dies änderte sich, als der Dioramenbau beliebt wurde und der Wunsch bestand, für szenische Darstellungen eines Motivs Figuren aus unterschiedlichen Serien und von verschiedenen Offizinen zu kombinieren. So entwickelte sich die sogenannte Kieler oder Nürnberger Größe zum heute noch gebräuchlichen Standard deutscher Offizinen. Ein Mann mißt danach von der Sohle bis zum Scheitel 30 mm bzw. bis zu den Augen 28 mm.
Natürlich gab und gibt es auch heute noch daneben alle denkbaren Abmessungen. ..."