Hallo vermutlich müssen einmal mehr unsere Erkenntnisse im Bereich Vorkrieg und Lieferung von Trix überarbeitet werden. Bisher war man, glaube ich, einheitlich davon ausgegangen, das Trix bis 1941 geliefert hat.... Nun haben wir aber erstmals eine Preisliste von 1941-1942 entdeckt und bekommen. Das heißt vermutlich, das diese Ende 1941 gedruckt wurde. Zu der Zeit in Betracht der Umstände umso erstaunlicher.
Es werden noch weitere belgische Dokumente folgen. Danke auch an Jan Cosemans für die tolle Unterstützung.
Gruss Rei
trixexpress
hat folgende Dateien an diesen Beitrag angehängt
Diese belgische Preisliste von 1941/42 ist aus meiner Sicht auf mehreren Ebenen sehr bemerkenswert. Ich habe deswegen ein "Lachendes Auge" und ein "Weinendes Auge"!
Ein "Weinendes Auge", weil nur gerade mal die Zugpackungen mit den Artikel-Nummern für den frankophonen Bereich (F + B) mit 15/xxx ausgezeichnet sind, nicht aber alles Rollmaterial, welches eigentlich die Artikel-Nummern 25/xxx haben müsste. Es sind jedoch durchwegs die in den deutschen Preislisten zu findenden Artikel-Nummern enthalten.
(Bild 1 mit Markierungen auf Seite 1)
Bei den Wagen 20/156-20/158 ist deren Bezeichnung sehr verwirrend ausgefallen. Beim 20/158, was der Langholz-Wagen mit den zwei Drehgestellen angeblangt, war das schon immer so - Was soll der Güterwagen in Mitten der Personenwagen?! - wenn jedoch auf die beiden Drehgestelle eingegangen wird, dann stimmt alles.
Der 20/157 sollte nur mit Wagon-Lit bezeichnet sein (wie beim längeren 20/167 auch!). Der 20/156 ist korrekt bezeichnet.
(Bild 2 mit Markierungen auf Seite 2)
Vielleicht hat der Listenschreiber mit "Gänsefüsschen" (weil Wiederholungen) gearbeitet, der Schriftsetzer hat's nicht besser gewusst, und nach der Mittagspause (mit Bier!) mit den Wiederholungen beim 20/156 statt 20/157 eingesetzt. Der Lektor für das "Gut-zum-Druck" hat's auch nicht besserr gewusst oder hat's schlicht übersehen! - Aber wer weiss es schon genauer!?
Aus meiner Sicht fehlen als "Export"-Wagen die Nummern 20/159 + 20/160, welche 1939 nochmals aufgelegt worden waren: Gepäckwagen bzw. 1. Klasse-Personenwagen in hellgrün mit gelber Beschriftung und weissen Fensterrahmen!
Ein "lachendes Auge", weil die Ausgabe dieser Preisliste bedeutet, der Markt war noch immer interessant, im besetzten Belgien musste ein Importeur bzw. eine Vertretung (Agence) vorhanden sein, weil alles Zubehör in Holz und Blech (KIBRI) explizit aufgeführt ist, und weil die Lok 20/52 Schlepptender-Lok mit Beleuchtung darauf erscheint.
Gerade die Lok 20/52 (siehe Markirung Bild 01) gibt uns ja noch immer das Rätsel auf, erst auf der Herbstmesse 1939 in Leipzig gezeigt und doch auch (im Krieg!) in U.K. präsent.
Weil die Lok also 1941/42 in Belgien gemäss Preisliste noch angeboten und vermutlich auch verkauft wurde, ist dies ein Indiz mehr für meine These, dass auch nach Kriegsausbruch die Handelsströme nach U.K. nicht einfach unterbrochen wurden!
Wer auf der spannenden Datenbank von Thomas Nosske zur Geschichte der DRG Epoche 2 nachschaut, findet auch sehr interessante Informationen über den "Korridor" auf welchem die Fährbootwagen für den Warenverkehr nach England vorschriftsgemäss verkehren mussten, so sind dort die belgischen Fährhäften dafür aufgeführt!
Ich meine TRIX-Material für U.K. - es galt ja auch dort ein "Abnahmezwang" von Teilen für die Fertigung in U.K. - mussten somit diese Waren auf dem Weg über Belgien verkehren. Sollte eine Kiste direkt aus Deutschland nicht mehr von englischen Zoll angenommen worden sein, dann liesse sich über einen belgischen Mittelsmann eine solche Kisten einfach "umettikettieren" und so von Belgien (neuer Absender) nach U.K. (gleicher Empfänger) verfrachten. Als Herkunfts- bzw. Ursprungsland konnte noch immer Nürnberg (D) angegeben werden. Eine kaufmännische Praxis im Import/Export-Geschäft.
Viele Belgier waren auch schon nach U.K. ausgewandert und daher die Warenströme von Belgien nach England durchaus noch üblich und vorhanden. Es dürfte kaum ein Embargo gegriffen haben. Kriegszustand hin oder her. Aber ich könnte mich auch irren!
Ich bin also sehr gespannt darauf, was Du oder die Enthusiasten der "TRIXBURG" sonst noch an belgischen Dokument und/oder Zeitzeugen beibringen könnt!
Mit TRIXigen Grüssen, PaTrix, der Stift aus dem Handelskontor
bislang kam ich nicht dazu, diese interessante Preisliste zu kommentieren. Das will ich nun nachholen.
Wer sich mit diesem Thema schon länger und intensiver beschäftigt, kennt die „Ladenpreisliste der im Jahr 1941 voraussichtlich lieferbaren Artikel" für den deutschen Markt, die ich vor einigen Jahren auf TRIXSTADT veröffentlichte: https://trixstadt.de/trix-express-geschi...zeugproduktion/
Diese beiden Listen müssen aufgrund der zeitlichen Überschneidung verglichen werden.
Wenn man die deutsche Liste anschaut, vermisst man bei den Lokomotiven die 20/55, die 20/57, die 20/59 und den 20/58. Es sind nur noch zwei Lokomotiven (20/52 und 20/56), vier Güterwagen (20/71, 20/72, 20/74, 20/78), ein Personenwagen (20/114) und die fünf langen D-Zugwagen (20/161, 20/162/1/2, 20/162/3, 20/163 und 20/164) aufgeführt. Weiterhin sind die erst 1939 erschienenen elektrischen Signale (20/207, 20/209 und 20/210) genannt. Diese Liste hat ein eindeutig erkennbares Druckdatum, 1/41. Es passt zum Anschreiben.
Bei der Liste für den französischsprachigen Raum werden alle Lokomotiven, insbesondere beide 2C1-Varianten und die 1B1 sowie der Dieseltriebwagen und die 20/55 angeboten. Es sind sowohl kurze als auch lange Personen- und Güterwagen aufgelistet. Auch die Holzgebäude finden sich hier noch, obwohl sie in der deutschen Liste fehlen. Das Blechzubehör ist in beiden Listen identisch.
Mein Resumé ist, dass die deutsche Liste eher die tatsächlichen Produktionsmöglichkeiten vom Januar 1941 abbildet.
Die Liste für den französischsprachigen Raum enthält viele Artikel, die in der deutschen Liste bereits fehlen. Ich glaube nicht, dass dieser Markt in den Jahren 1941/42 besser versorgt wurde als der Heimatmarkt. Ich gehe eher davon aus, dass hier noch umfangreiche Lagerbestände existierten, die man weiter anbieten wollte/musste. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in den BeNeLux-Ländern und Frankreich im Mai 1940 dürfte der Verkauf deutscher Produkte nur noch schleppend erfolgt sein, am ehesten noch an deutsche Besatzungssoldaten.
Wie kann diese Preisliste datiert werden ? Ein Druckdatum bzw. eine Codierung findet sich nicht. In der Kopfzeile steht: "1941-1942 Prix de vente imposés pour trains TRIX-EXPRESS et accessoires". "Prix de vente imposés" bedeutet "Feste Verkaufspreise".
Da das angebotene Sortiment noch sehr groß ist im Vergleich zur deutschen Liste, gehe ich eher von einem Druckdatum Ende 1940 bis Anfang 1941 aus, um damit die folgenden zwölf oder mehr Monate abzudecken. Eine Kopplung an die Messetermine war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zwingend. Es war Kriegszeit und die Liste war für besetztes Gebiet bestimmt, genauer planen konnte man nicht.
Edit: in der Liste für den französischsprachigen Markt sind die Lokomotiven 20/52 und 20/54 auf der ersten Seite aufgelistet, das Sortiment der angebotenen TRIX-Lokomotiven ist somit komplett.
Der ursprünglicher Besitzer hatte am oberen Rand folgende Worte handschriftlich notiert:
"Gare Waterloo 274"
Was bedeutet das ? Vermutlich war das ein Geschenkwunsch.
Der Besitzer der Liste war vom Londoner Bahnhof Waterloo Station sehr beeindruckt und wünschte sich einen ähnlichen Hallenbahnhof mit einer großen Rundbogenfront auf der Straßenseite.
Bild aus Wikipedia Commons von Sunil060902
In dieser Liste war der große Holzbahnhof TRIXBURG mit der Nummer 20/274 aufgeführt, der vermutlich auch im Schaufenster oder zumindest im Regal des Spielwarenhändlers stand. In der Liste ist er wie folgt bezeichnet:
"Gare centrale pouvant être employée comme gare de passage ou terminus"
Übersetzt:
"Hauptbahnhof, der als Durchgangs- oder Kopfbahnhof genutzt werden kann"
TE 20/274 Hauptbahnhof TRIXBURG, Bild von Uwe K. auf www.trixstadt.de
Wenn man großzügig ist, kann man eine gewisse Ähnlichkeit zwischen der Londoner Waterloo Station und dem TRIX-Hauptbahnhof TRIXBURG erkennen.
Da dies eine belgische Preisliste ist, könnte auch der Ort am ca zwanzig Kilometer ausserhalb von Brüssel gemeint sein, nach dem der Bahnhof in London benannt ist. Der hat übrigens auch einen Bahnhof. Vielleicht bedeutet das erste Wort ja etwas anderes als "Gare"?
Grüsse
Ursin
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