Heinrich Fischer und Adolf Schuhmann, ungewöhnliche Achsen

Bisher waren Achsen immer nur ein unwichtiges Detail, welches ich nie näher betrachtet hatte.

Wie bei der großen Bahn war es immer nur die Halterung für die Räder.



Bei fast allen Modellherstellern findet man auch fast immer die gleiche Machart der Achsen, 2 rausgepresste Flügel, mal länger mal kürzer.



Allerdings gibt es dazu Ausnahmen, die man näher betrachten sollte, hier mal ein paar zum Vergleich:

Heinrich Fischer, bei Tender und Wagen



Schräg gepresst, allerding dadurch sehr dünn und zerbrechlich. Vermutlich die früheste Version. 2 mm Durchmesser.



Ebenfalls Heinrich Fischer, bei Tender und Wagen



Ähnlich der obigen Version, aber das Werkzeug wurde verändert, so das in der Mitte ein Wulst stehen blieb. Dieser Wulst macht die Achse stabiler. 2 mm Durchmesser.



Adolf Schuhmann, 28 mm Spurweite.



Dieser Wagen hat eine identisch gepresste Achse wie bei Fischer. 2 mm Durchmesser.



Im direkten Vergleich, die Fischer Spur 0 Achse und die Schuhmann 28 mm Spur Achse. Beide wurden mit einem identischen Werzeug gepresst.



Adolf Schuhmann Spur 0



Dieser Wagen hat auch ähnliche Achsen, welche sich aber stärker unterscheiden. Zum einen sind sie dünner, nur 1,5 mm Durchmesser und sie wurden gerade gepresst. Zusätzlich wurde auch noch der Buchstabe A mit eingepresst.



mit bestem Gruß
Arne

Eine Vermutung bzgl. der identischen Achsen von Schuhmann 28mm und H. Fischer 35mm wäre die Folgende: Der Schuhmann Wagen ist wie die H. Fischer Wagen auch sehr früh von vor dem 1.WK, Schuhmann selber produziert aber erst ab ca. 1907. Beim Aufbau der Produktion hat man zu Anfang wohl nur in die Werkzeuge für die eigene Produktion von Spur 0 Rädern und Achsen investiert gehabt, aber in die kleineren Spur 28mm Räder noch nicht. Insofern könnte es sein, dass man die Spur 28mm Achsen und Räder kurzerhand von H. Fischer zugekauft hat. Später hat man die Achsen wahrscheinlich selber produziert. Das liegt zumindestens nahe, denn mein Exemplar von dem Wagen hat andere Achsen. Es könnte natürlich auch sein, dass die Zuordnung des Wagens zu Schuhmann falsch ist und der Wagen eigentlich H. Fischer zugeordnet werden müsste. Oder die Achsen wurden einfach irgendwann mal vertauscht.

Hier die Achsen an meinem 25mm Wagen von Schuhmann:



Die Achsen haben interessanterweise auch eine verkupferte Oberfläche, aber die Pressung ist eine andere als bei den obigen Wagen von H. Fischer. Auch die Räder sind nicht identisch.

Hallo Stefan,
danke für das Bild von deinem Wagen.

Das Schuhmann Teile wie Achsen und Räder bei anderen Herstellern gekauft hat ist vorstellbar, aber ich denke das es da wesentlich umfangreichere Geschäftsbeziehungen gab. Gerade diese ganzen kleinen Hersteller hatten bestimmt gar nicht die Möglichkeiten alles selber zu machen.

Meine Vermutung geht dahin, das diese Wagen mit den unterschiedlich breiten Fenstern komplett von Fischer zugekauft wurden.

Sieh dir mal den folgenden link an, da hatte ich auch was zu Schuhmann geschrieben. Es sind die Wagen welche im 1925er Katalog zu finden sind. Jeder Wagen ist komplett unterschiedlich. Alles aus einer Produktion wäre sowohl logistisch wie auch wirtschaftlich völliger Wahnsinn.

Schuhmann

mit bestem Gruß
Arne

Die Vielfalt als Argument, dass all die Varianten nicht selber produziert werden konnten und daher zugeliefert werden mussten, finde ich nicht schlüssig. Im Gegenteil: Die Vielfalt an unterschiedlichen Wagen der frühen Hersteller wie H. Fischer und Schuhmann ist eigentlich nicht verwunderlich. Die vielen verschiedenen Wagen wurden ja nicht alle gleichzeitig gebaut sondern über viele Jahrzehnte hinweg in einer Zeit, wo der Markt jedes Jahr etwas Neues verlangt hat.

Diese Vielfalt mag außerdem aus heutiger Sicht unwirtschaftlich erscheinen, aber wir schreiben ja nicht das Jahr 2000 sondern das Jahr 1900 und da ist ganz Europa im Rausch der Gründerzeit mit billigster Arbeitskraft und dem Beginn der industriellen Massenproduktion. Da ging noch vieles wirtschaftlich zu produzieren, was heute unmöglich erscheint.

Auch wenn man nun jemand anderen die Wagen produzieren ließe, greift das Argument mit der Wirtschaftlichkeit nicht, denn es wird dadurch nicht wirtschaftlicher - der Produktions- bzw. Entwicklungsaufwand für jedes zusätzliche Teil bleibt derselbe. Etwas anderes wäre es, wenn man einen bereits vorhandenen Wagen zukauft. Im Randsortiment hat man sich bestimmt als erste Möglichkeit bei Zulieferern aus deren vorhandenem Sortiment bedient. Dem gegenüber steht die zweite Möglichkeit des Auftragsbaus eines bisher noch nicht vorhandenen Modells. Das macht aber in den wenigsten Fällen wirtschaftlich Sinn, weil auch ein Zulieferer ja die Werkzeuge für einen Auftragsbau hätte anfertigen müssen. Dann käme noch die Marge des Zulieferers hinzu, so dass es letztendlich wirtschaftlicher wäre, es einfach selber herzustellen.

Dass der 25mm Schuhmann-Wagen ein Auftragsbau für H. Fischer oder jemand anderen sein könnte, halte ich daher für recht unwahrscheinlich. Für solche echten Auftragsbauten gibt es außerdem kaum belegte Beispiele. Für den Zukauf aus dem vorhandenen Sortiment hingegen schon. Aus dem normalen Sortiment von Fischer ist der Wagen aber nicht, denn dafür finde ich die Form und den Stil zu unterschiedlich. Da erscheint es mir wahrscheinlicher, dass die Achsen bzw. Laufräder einfach vertauscht oder zugekauft wurden.

Vielleicht sogar gar nicht von H. Fischer sondern von einem auf Achsen spezialisierten Hersteller, der sowohl H. Fischer als auch Schuhman mit 28mm Laufachsen versorgt hat, weil das nicht zum Kernsegment der eigenen Produktion gehört hat. So etwas ähnliches ist bei den einfachen Uhrwerken belegt. Da gab es spezielle Laufwerkefabriken, die die einfacheren Laufwerke für allerlei Anwendungen zugeliefert haben. Die langlaufenden regulirten besseren Uhrwerke waren aber Kernkompetenz, so dass man sie in der Regel selber produziert hat und z.B. die eigene Regulierung auch entsprechend gesetzlich geschützt hat.

Vieles davon stimmt natürlich. Aber ich habe mittlerweile Vergleichsmodelle von 6 Wagenserien aus dem Katalog 1925. Alle sind von Grund auf verschieden, es gibt nicht ein Teil, was an 2 Modellen passt, also 6 mal wurde jeweils ein Fahrwerk, ein Dach, ein Wagenkasten und eine Kupplung neu entwickelt. Zusätzlich gibt es noch mehrere Varinten von Achsen und Rädern.
Ausserdem lassen sich die Wagen aus dem Katalog teilweise nicht mal miteinander kuppeln, da die Kupplungsformen und die Höhen nicht kompatibel sind.

Der Spur 0 Wagen von Schuhmann mit den ungleichmäßigen Fenstern ist auf jeden Fall teilweise von Fischer, die Fahrwerke sind mit dem gleichen Stanzwerkzeug gemacht worden.

Links Schuhmann, rechts Fischer





mit bestem Gruß
Arne

Ich würde diese Wagen beide H. Fischer zuordnen und insbesondere den linken nicht Schuhmann. Das Fahrgestell mit dem Schlitz ist ganz typisch für Fischer. Das ist daher kein Beleg für eine Zulieferung von H. Fischer an Schuhmann.

Die Kupplung des linken Wagens ist nicht unbedingt typisch Fischer, aber Fischer gab es verdammt lange. Er war einer der ersten im Billigsegment noch weit vor 1900. Da finde ich die verschiedensten Untergestelle und auch inkompatible Kupplungen nicht außergewöhnlich.

Das gab es z.B. auch bei Bub in der Frühzeit. In der Frühzeit hat man vieles ausprobiert und unterschiedlichste Modelle unterschiedlichster Größe und Preisklasse für Import und Export gehabt, die schnell durch etwas anderes Brandneues ersetzt wurden, wenn sich die Mode geändert hat zwischen Gründerzeit, Art noveau und Art deco.

Wenn der Aufbau sich ändert, so braucht man sowieso ein neues Werkzeug. Dann ist es nicht ungewöhnlich, dass man auch ein anderes Untergestell drangibt - zumindestens im Billigsegment. Fürs Obersegment hat man größeren Aufwand für das Untergestell getrieben, so dass man hier das Untergestell nicht so einfach neu machen konnte. Für Issmayer wird z.B. um 1900 berichtet, dass mehr als 200 Stanzen bei 50 Arbeitern im Einsatz waren. Die verschiedensten Modelle sind also durchaus realistisch für die damalige Produktionsweise um 1900. Bereits 1910 hat aber mit dem Beginn der Elektrifizierung z.B. bei Bing und Bub eine gewisse Fokussierung eingesetzt und nach dem 1.WK hat man viel gezielter und billiger produzieren müssen aufgrund der hohen US Importzölle und der Weltwirtschaftskrise. Die Produktionsbedingungen und der Markt sind vor und nach dem 1.WK gänzlich anders. Die hier vorgestellten Wagenmodelle sind alle vor 1.WK.

Zitat von snroettg im Beitrag #8

---

Ich würde diese Wagen beide H. Fischer zuordnen und insbesondere den linken nicht Schuhmann. Das Fahrgestell mit dem Schlitz ist ganz typisch für Fischer. Das ist daher kein Beleg für eine Zulieferung von H. Fischer an Schuhmann.

---

I see. Sind die Untergestelle auch von den Abmessungen identisch? Das müssten sie ja sein, wenn sie vom selben Hersteller kämen.

Mal sehen, was man im direkten Vergleich erkennt:





Im direkten Vergleich fällt auf, dass die Untergestelle wirklich verblüffend ähnlich sind, aber die Nase links und rechts am mittleren Ausschnitt etwas anders ist. Kann mich aber täuschen. Im Prinzip müsste man jetzt mal messen.

Hab versucht, die beiden Untergestelle zu überlagern:



Dabei ist herausgekommen, dass das Untergestell von H.Fischer in den unteren beiden Innenwinklen noch eine zusätzliche schräge Kante hat. Die beiden Untergestelle sind also unterschiedlich. Es schaut aber so aus, als hätte einer das Untergestell der anderen fast vollständig abgepaust.

Um die Verwirrung komplett zu machen hier noch ein weiteres Foto von einem Schuhmann Wagen, auf dem nun die untere schräge Kante vorhanden ist:



Die untere schräge Kante war auf dem vorhergehenden Bild nicht auszumachen. Aber das Bild war in diesem Bereich auch sehr dunkel und verrauscht, so dass die Kante evtl. nicht zu erkennen ist. Ich weiss es nicht.

Zwei identische bzw. nur marginal unterschiedliche Untergestelle von zwei unterschiedlichen Herstellern. Das ist in dieser Deutlichkeit ein Novum.

Diese Wagen von Schuhmann mit dem AS Emblem sind allerdings erste Serie. Also kaum später als das Gründungsdatum 1905 bzw. Serienproduktionsaufnahme 1907. Das AS Emblem taucht schon wenig später nicht mehr auf. Hat Schuhmann in dieser Zeit Untergestelle von H. Fischer dazugekauft, weil man mit der Produktion noch nicht so weit war und die Leipziger Messe vor der Tür stand, wo man seine Produktpalette erstmalig präsentieren wollte? Die Abbildung im Katalog könnte noch ein altes Klischee sein. Aber so oder so ist das alles sehr merkwürdig, da stimme ich Arne vollkommen zu!

Das obige Klischee gibt es im Schuhmann Katalog von 1925 genau zweimal. Beide Abbildungen sind aber exakt identisch. Die darauf abgebildete Lok kommt im gesamten Katalog nicht mehr vor. Die Wagen auch nicht. Auch das Untergestell nicht. Das könnte also tatsächlich ein altes Klischee sein von einer Lok, die es bereits vor dem 1ten WK gab und die man in Restbeständen 1925 noch abverkauft hat.

Das erklärt aber nicht die Tatsache, dass das Untergestell gleich ist. Dafür gibt es eigentlich nur zwei logische Erklärungen:
1) Entweder hat Schuhmann in den Anfangsjahren Untergestelle und Achsen von H. Fischer bezogen.
2) Oder Schuhmann hat in den Anfangsjahren ganze Wagen von H. Fischer bezogen.

In letzterem Fall müsste aber Fischer extra eine Pressform für Schuhmann angefertigt haben. In ersterem Fall hätte man einfach bereits vorhandene Untergestelle günstig eingekauft, den Wagenkasten selber produziert und den zusammenmontierten Wagen mit guter Marge weiter verkauft. Das hört sich sinnvoller an. Schuhmann war ja in erster Linie Kaufmann und kein Techniker. Die Entwicklung haben seine Mitarbeiter für ihn ausgeführt. Er hätte also darauf geachtet, dass bei der Produktion die Marge stimmt und nicht einfach einen Wagen fremd-produzieren lassen, wo sich zwei die Marge teilen müssten. Wenn die Marge nicht stimmt, hört die Freundschaft auf.

Für obige These Nr. 2) spricht auch Folgendes: Die Verlaschung des Wagenkastens mit dem Untergestell ist bei dem Wagen von H. Fischer einfach flach umgebogen, beim Wagen von Schuhmann sind die Laschen aber nicht umgebogen sondern verdreht. Sie sehen außerdem auch schmaler aus. Wenn der Wagenkasten beim gleichen Hersteller montiert wurde, wieso wurde dann bei den Laschen unterschiedlich verfahren? Ich halte es daher für wahrscheinlicher, dass die Wagenkästen in zwei unterschiedlichen Fabriken mit unterschiedlichen Werkzeugen montiert wurden.

Die These bzw. die Zusammenfassung von all dem lautet also: Schuhmann hat in der Anfangszeit vor dem 1.WK Untergestelle und dazu passende Achsen von H. Fischer bezogen.

Noch ist das eine These. Um sich sicherer zu werden, müsste man nun im Prinzip alle frühen Teile von Schuhmann auf solche Übereinstimmungen überprüfen. Ich werde bei Gelegenheit mal suchen gehen...

Hallo Stefan,
noch zu deinem Vergleich der Fahrwerke. Ich habe noch mal die beiden Fahrwerke aus Posting 7 aufeinander gelegt. Sie sind absolut deckungsgleich, es war das gleiche Stanzwerkzeug.

Im Issmayer Buch ist noch ein weiteres interessantes Modell, ein Straßenbahn-Triebfahrzeug.

Michael Bowes bezeichnet es zwar als Issmayer für Bub, aber es wird wohl eher Fischer sein.

Der obige grüne Fischer Wagen könnte der Anhänger dazu sein.



mit bestem Gruß
Arne

Hallo Arne,

ja, stimme zu. Die Zuordnungen zu Issmayer im Bowes Buch sind in erster Linie Vermutung und Wunschdenken ohne konkrete Belege.

Er schlussfolgert mit Hilfe von Ähnlichkeit, das muss schiefgehen, ala: Dieses Teil ist schön lithographiert, das muss also von Issmayer sein. Schöne Lithographien haben auch viele andere frühe Nürnberger Blechspielzeughersteller, wobei Issmayer schon auch einer der ersten war. Viele andere haben aber nachgezogen wie z.B. H. Fischer.

H. Fischer wird so weit ich weiss nur einmal auf S. 133 in Bezug auf den Pullmann Wagen erwähnt. Die Straba, die Du erwähnst, ist mit Sicherheit nicht von Issmayer sondern auch von H. Fischer. Das zieht sich ähnlich durchs ganze Buch und ist unter dem wissenschaftlichen Aspekt der Nachvollziehbarkeit, Reproduzierbarkeit und Überprüfbarkeit recht mau. Nichtsdestotrotz ist das Buch eine gute Quelle von Bildern, denn es werden viele sehr seltene frühe Teile gezeigt, die man sonst nicht so auf einmal zu sehen bekommt. Bilderzusammenstellung toll, Zuordnung hinterfragungswürdig.

Schau mal auf die Räder der Straba und vergleiche mit den Rädern von Deinem grünen Wagen. Undurchbrochene Gussräder mit Speichen sind sehr selten.

Hallo Arne und Stefan,

in den # 1-17 ging es immer wieder hin und her. Einschätzugen wurden geäußert und wieder verworfen.
Ich hoffe, die folgenden Anmerkungen sind hilfreich.

(1)
Stefan meint in # 3 und #13, Schuhmann habe mit der Produktion erst 1907 begonnen.
Richtig ist: In der Gewerbeanmeldung vom 26. Juli 1905 ist angegeben: mechanische Blechschienenfabrikation, und außerden "wird am 01. Aug. 05 eröffnet".
Quelle: Stadtarchiv Nürnberg C 22-II Nr. 39, Registereintrag 2528.

Mir unbekannt ist, wann Schuhmann mit der Herstellung von Bodenläufern (mit und ohne Uhwerk), von Eisenbahnen auf Schienen und von Autos begonnen hat.
Der erste mir bekannte Katalog (ich habe ein Original) - ich datiere ihn auf ca. 1925 - enthält ein für einen kleinen Hersteller bemerkenswert umfangreiches Sortiment.
Ich beteilige mich nicht an Spekulationen, ob und inwieweit dieses Sortiment erst nach dem 1. WK oder schon vor 1914 entwickelt wurde.

(2)
Das Sortiment von (ca.) 1925 ist so umfangreich, daß die Frage berechtigt ist, ob Schuhmann alles selbst hergestellt hat oder Teile und sogar komplette Wagen von anderen Herstellern wie Heinrich Fischer oder von kleinen blechverarbeitenden Betrieben "ein paar Straßen weiter" zugekauft hat.
Das gilt nicht nur für die hier behandelten Wagen, sondern auch für bestimmte Artikel des Zubehörs.

Ich bin zwar der Auffassung, daß das Sortiment von (ca.) 1925) nicht vollständig in dem mehrstöckigen Fabrikgebäude im Hof des Anwesen Schreyerstraße 5 hergestellt wurde:
einmal aus Platzgründen, zum anderen nehme ich an, daß Adolf Schuhmann als Kaufmann auf eine kostengünstige Fertigung geachtet hat.
Nur: Das ist meine begründete Auffassung, aber ich habe keine Nachweise.
An Spekulationen beteilige ich mich nicht.

Dieter

Hallo Arne und Stefan,

ich setze meine Anmerkungen zu den # 1-17 fort.

(3)
Adolf Schuhmann eröffnete seinen Betrieb im August 1905 im Stadtteil Gostenhof, in der Mittleren Kanalstraße 5.
Quelle: Gewerbeanmeldung, sh. # 18.
Der Betrieb vom Heinrich Fischer war 1905 in der Schulgasse 42 und in der Oberen Kanalstraße 9.
Quelle: Lexikon von Cieslik, Seite 143.

Die Untere, Mittlere und Obere Kanalstraße sind Parallelstraßen.
Ich gehe davon aus, daß Heinrich Fischer und Adolf Schuhmann sich kannten.
Ich gehe weiter davon aus, ohne es belegen zu können, daß es zwischen den kleinen Blechspielzeugfabrikanten Geschäftsbeziehungen unterschiedlichen Umfangs gab.
Ein Grund wird gewesen sein, daß die gegenseitige Belieferung von Teilen kostengünstiger war als wenn man alles selbst hergestellt hätte.

(4)
Ich wiederhole, was ich schon mehrmals hier im Forum dargelegt habe.
In den Stadtteilen Gostenhof und Rosenau waren viele Spielzeugfabriken und andere kleine Betriebe ansässig.
Typisch war das gründerzeitliche Wohnhaus mit Büros und mit Wohnungen, und im Hof das Fabrikgebäude.
Die meisten Fabrikgebäuden wurden im Krieg zerstört, doch einige stehen noch, z.T. verfallen, aber es gibt auch sorgfältig renovierte Gebäude, heute mit Wohnungen.

Man möge doch einmal einen Spaziergang durch Gostenhof machen, zu den Grundstücken, wo einst die Blechspielzeugfabriken waren.
Und dann möge man sich die Sortimente der 1920er und 1930er Jahren vor Augen halten und sich fragen, ob das wirklich alles in den Fabrikgebäuden im Hinterhof kostengünstig hergestellt werden konnte? Oder ob nicht bestimmte Artikel, vor allem Artikel des Randsortiments, zugekauft wurden?

Es ist meine Vermutung, daß es vielfältige Geschäftsbeziehungen gab, nicht nur zwischen den Herstellern, deren Namen wir kennen und die im "Cieslik" enthalten sind, sondern auch Geschäftsbeziehungen zwischen den Spielzeugfabrikanten und den kleinen blechverarbeitenden Betrieben, deren Namen wir heute nicht mehr kennen.
Wie schon gesagt: Das ist meine Vermutung, ich habe keine Belege.

Dieter

Hallo Arne und Stefan,

ich setze meine Anmerkungen zu den # 1-17 fort.

(5)
Arne hat sicherlich sorgfältig die Achsen der Wagen von Fischer und von Schuhmann untersucht.
Wenn die Achsen mit dem gleichen Werkzeug gefertigt wurden, dann gibt es folgende Möglichkeiten:
a) Fischer und Schuhmann haben die Achsen vom gleichen Lieferanten bezogen.
b) Schuhmann hat die Achsen von Fischer bezgen.
c) Fischer hat die Achsen von Schuhmann bezogen.

Bei b) und c) kann der Grund sein, daß Fischer und Schuhmann gemeinsam eingekauft haben, um höhere Rabatte zu bekommen.
Daß Heinrich Fischer und Adolf Schuhmann sich (vermutlich) persönlich kannten, habe ich in #19 dargelegt.

Dieter

@Dieter: Wieso sollte das umfangreiche Sortiment nicht von Schuhmann selber produziert worden sein?

Die Hinterhoffabriken von Falk und H. Fischer in der Solgerstraße 17, 19 und 21 sind noch erhalten. Ich habe sie mir angesehen. Diese sind auch nicht besonders groß und trotzdem hatten auch Falk und Fischer ähnlich große Sortimente hergestellt. Aus der Grüße einer Fabrik zu schlußfolgern, dass die Fläche nicht ausreicht und ein größerer Teil zugeliefert werden musste, basiert nur auf Vermutung zumal Du selber sagst, dass Du auch keine Belege dafür nennen kannst.

Man kann es sich vielleicht heute nicht mehr vorstellen, dass so viele Sachen auf kleinem Raum hergestellt wurden, aber die Vielfalt und Masse der Nürnberger Produktion ist nun mal Fakt und es war eine gängige Produktionsmethode in Nürnberg, selbst in kleinsten Wohnzimmern noch in Heimarbeit Teile zusammenzulaschen und zu lackieren. Insofern fällt mir kein nachvollziehbarer Beleg oder Grund ein, wieso Schuhmann das Kernsortiment nicht alles selber in seinen Räumlichkeiten hätte herstellen können. Wohlgemerkt das Kernsortiment und nicht das Randsortiment.

Es wurde von vielen kleineren Herstellern um die Ecke aber bestimmt verschiedenste Teile wie Achsen, Untergestelle, Uhrwerke, Kleinteile, Zubehör usw. zugeliefert. Dadurch hat man Platz gespart, weil man sich aufs Kernsortiment konzentrieren konnte, da stimme ich selbstverständlich zu. Das Adressbuch von Nürnberg ist voll von kleineren Betrieben rund um die Rosenau und in Gostenhof.

Das gilt für zugeliefterte Bestandteile und das Randsortiment - wie ich aber schon dargelegt habe, ist eine Zulieferung von ganzen Sachen für das Kernsortiment unwirtschaftlich, solange diese extra und ausschließlich hergestellt werden müssen und nicht aus einem bestehenden Zulieferersortiment ausgewählt werden konnten. Zugelieferte ganze Modelle sind nach meiner Einschätzung nicht ausschließlich für einen bestimmten Auftraggeber gefertigt worden, sondern höchstens variiert worden (z.B. indem man die Lithographie abgewandelt hat). Man hat diese an alle diejenigen verkauft, die entsprechend aus dem bestehenden im Musterzimmer ausgestellten Sortiment bestellt haben.

Eine exklusive Fertigung ganzer Modelle für Schuhmann außer Haus halte ich daher für nicht realistisch (jedenfalls nicht fürs Kernsortiment, aber vielleicht Schilder usw.). Für zugelieferte Teile gibt es hingegen genügend Belege, wie z.B. das Untergestell und die Achsen von H. Fischer, die hier diskutiert werden. Arne hat eindeutig festgestellt, dass die Teile auf dem selben Stanzwerkzeug hergestellt worden sein müssen.

Hallo Arne und Stefan,

ich setze meine Anmerkungen zu den #1 - 17 fort.

(6)
Nachdem die Zuordung der in #1 gezeigten Wagen immer wieder gewechsel hat - von Schuhmann zu Fischer und wieder zurück -, hier ein Foto meiner Schuhmann-Bahn Katalog-Nr. 88.
Lok, Tender und Wagen sind gemarkt mit AS im Kreis.
Dies ist ein Indiz dafür, daß die Bahn auch von Schuhmann gefertigt wurde, wobei die Achsen wahrscheinlich zugeliefert sind.
Und es durchaus möglich ist, daß das Chassis von Fischer oder wem auch ummer bezogen wurde.
Doch das sind Spekulationen, es gibt keine Belege.

Die Wagen gibt es mit Sicherheit auch in weiteren Farben.
Die Laschen, mit denen der Wagenkörper am Chassis befestigt ist, sind sämtlich flach umgebogen, nicht verdreht.
(Ob die Laschen flach umgebogen oder verdreht sind, taugt nach meiner Auffassung nicht als Zuordnung zu Schuhmann, Fischer oder wem auch immer.)

Die Lok ist wahrscheinlich älter als die im Katalog von (ca.) 1925 bei Bahn 88 abgebildete Lok.
Ob die Scheibenräder mit unterschiedlichen Durchmessern an Vorder- und Hinterachse original sind, bleibt offen.

In den Schuhmann-Katalogen von (ca.) 1935 und (ca.) 1935 sind Bahnen Spur 28 mm enthalten. Loks und Wagen für Spur 28 mm sind meist keine eigenständigen Entwicklungen.
Der von Arne gezeigte Wagen Spur 28 mm hat die gleiche Fenstereinteilung wie die Wagen der Bahn 88; er ist "nur" kürzer.
Ich bin sicher, daß dieser Wagen ein Schuhmann-Wagen ist.

Wenn Stefan in #8 und #13 meint, die Wagen seien vor dem 1. WK entwickelt worden, dann ist das eine Vermutung.
Es gibt dafür (Stand heute) keinen Nachweis.

Dieter

Zitat von Dieter Beckh im Beitrag #18

---

(2)
Das Sortiment von (ca.) 1925 ist so umfangreich, daß die Frage berechtigt ist, ob Schuhmann alles selbst hergestellt hat oder Teile und sogar komplette Wagen von anderen Herstellern wie Heinrich Fischer oder von kleinen blechverarbeitenden Betrieben "ein paar Straßen weiter" zugekauft hat.
Das gilt nicht nur für die hier behandelten Wagen, sondern auch für bestimmte Artikel des Zubehörs.

Ich bin zwar der Auffassung, daß das Sortiment von (ca. 1925) nicht vollständig in dem mehrstöckigen Fabrikgebäude im Hof des Anwesen Schreyerstraße 5 hergestellt wurde:
einmal aus Platzgründen, zum anderen nehme ich an, daß Adolf Schuhmann als Kaufmann auf eine kostengünstige Fertigung geachtet hat.
Nur: Das ist meine begründete Auffassung, aber ich habe keine Nachweise.
An Spekulationen beteilige ich mich nicht.

Dieter

---

Hallo Dieter,
ein wunderschöner Zug. Es wird aber damit noch verwirrender, die Wagenfahrgestelle sind wie am grünen Wagen oben, die großen Räder der Lok sind auch am grünen Wagen.

Die folgende Lok von Fischer scheint das gleiche Tenderfahrwerk zu haben, nur geprägt.



mit bestem Gruß
Arne

Hallo Arne und Stefan,

ich setze meine Anmerkungen zu den #1 - 17 fort.

Zitat von snroettg im Beitrag #14

---

Das obige Klischee gibt es im Schuhmann Katalog von 1925 genau zweimal. Beide Abbildungen sind aber exakt identisch. Die darauf abgebildete Lok kommt im gesamten Katalog nicht mehr vor. Die Wagen auch nicht. Auch das Untergestell nicht. Das könnte also tatsächlich ein altes Klischee sein von einer Lok, die es bereits vor dem 1ten WK gab und die man in Restbeständen 1925 noch abverkauft hat.

---