Mir ist ein Möbelwagen als Nachbau des Märklin 1877 Spur 0 zugelaufen. Nun frage ich mich, woran ich diesen Nachbau erkennen kann – und wer ihn hergestellt hat.
Interessante Details:
1. Die großen Räder mit 6 Speichen → diese kenne ich sonst nur vom Nordmann-Zirkuswagen. 2. Die Räder laufen frei auf den Achsen. Bei den mir bekannten Nachbauten sind sie fest auf den Achsen fixiert. 3. Der vordere Drehbock ist niedrig wie bei Nordmann, die Achsschenkel jedoch breiter (rechteckig). Bei den mir bekannten Märklin- und Nordmann-Nachbauten sind sie trapezförmig. 4. Gleiches gilt für die Hinterachse bzw. das Hinterrad: Diese ist kürzer als bei Märklin, das Rad streift fast am Wagenkasten. 5. Die Schrift und die Verzierungen sind feiner als bei Nordmann, aber ebenso „schief“ ausgeführt.
Der Wagen ist leider „katastrophal“ mit Lack überzogen. → Kennt jemand eine gute Methode, diesen zu entfernen bzw. zu bereinigen?
Hier noch ein paar Fotos:
Ich freue mich auf Argumente und Einschätzungen zur Beurteilung.
Gruss
Peter
Mod-Edit: Titel zur besseren Dokumentation ergänzt - ok so ?
Zitat von Storchenbein im Beitrag #1„katastrophal“ mit Lack überzogen.
Handelt es sich dabei um farblosen Lack? Probieren würde ich zunächst, wie der Lack auf verschiedene Mittel reagiert, z.B. acetonfreien Nagellackentferner, oder andere lösende Mittel. Siehe auch hierzu meine Beiträge zum Thema: "Behandlung handlackierter Oberflächen bei historischem Spielzeug". Viele Grüße Wolfgang
Ja, ich würde auch erstmal genau prüfen, ob es sich nicht doch um ein Original handeln könnte. Ggf. mit älterer Verschlimmbesserung. Was sagt das UV Licht?
den Aufschriften zufolge ist die Aufschrift handgemalt und auf beiden Seiten absolut gleich. Das bedeutet, dass ein Schriftenmaler die Aufschrift ein Mal gezeichnet hat und dass diese Ausführung als Abziehbild kopiert wurde. Ob Märklin seinerzeit so vorgegangen ist, weiß ich nicht, weil ich kein Vergleichsmaterial kenne.
Genau, das deckt sich mit meinen Beobachtungen: -> Ich habe den Wagen mit dem Vermerk "Nachbau" erhalten, es ist aber korrekterweise ein Original oder eine Fälschung. -> Bei der massiven Überlackierung ist es schwer die Original Farbe zu prüfen. -> Die Schrift ist fein und gut gemacht, aber eben, beide Seiten zu identisch für reine Handarbeit. Sie passt sehr gut zum Nordmann-Abziehbild, aber ist feiner. - das "&" ist moderner als bei den alten Märklin
Hier der Nordmann zum Vergleich:
Eine Vorserie schliesse ich eher aus, wenn dann eine Nachserie, optimiert & verbilligt (Speziell die Achslager) und auch das grosse Rad mit Speichen.
Es müsste noch mehr von diesen Wagen geben mit ähnlichen Eigenschaften, damit wir hier wirkliche Evidenz haben.
Die Beschriftung ist mit Sicherheit nicht handgemalt. Eigentlich ist das doch bekannt. Es gab sog. Trockentransfers. Dazu hatte ich schon Bilder gezeigt. Irgendwo.
Doch, Ypsilon, die Beschriftung ist ursprünglich von Hand gemalt. Das sieht man an denselben Buchstaben wie beispielsweise "a" und "e", die alle unterschiedlich geschrieben worden sind. Dann wurden von der Handarbeit Abzüge als Abziehbild angefertigt.
Die Frage ist: wann entstand das Original der Beschriftung und wann wurde es von wem auf die Wagen übertragen? Die Basis ist aus meiner Betrachtung für beide Wagen dieselbe. Der Abzug auf dem mit "WNG" gemarkte Wagen (blau, Nordmann) ist aber von schlechterer Qualität.
Zitat von Storchenbein im Beitrag #10wann entstand das Original der Beschriftung und wann wurde es von wem auf die Wagen übertragen?
Hallo Peter, diese Frage wirst Du kaum beantworten können. Es sei denn: jemand outet sich oder kennt definitiv den Edelbastler. Eine Ferndiagnose ist ebenfalls vage, aber ich lasse mal eine These raus: vielleicht wollte jemand díe Beschriftung mit einem farblosen Überlack schützen und sein Farbsystem hat sich mit den vorhandenen Farben nicht gut vertragen. Ist die Oberfläche glatt? evtl. leicht klebrig? Hast Du schon mal einen UV-Test gemacht? Was Werner Nordmann anbelangt: er hat tolle Sachen gemacht, trotz bescheidener Mittel. Dieser Möbelwagen ist sicher besser zu machen, vermutlich standen ihm diese Techniken nicht zur Verfügung. Wir können ihn auch nicht mehr fragen. Er war ein sehr umgänglicher Mensch und in der Szene sehr beliebt, ebenfalls seine Frau, denn sie kamen immer zusammen. Viele Grüße Wolfgang
Sobald ich mal Zeit und Ruhe habe, mache ich mich an den Lack. Das kann aber noch einiges dauern.
Zu den Schriftbildern und Verziehrungen an den Möbelwagen: ich suche Belege von anderen und sehe bis jetzt bei allen, dass beide Seiten sehr ähnlich/identisch sind. D.h. Märklin hat auch schon mit der Übertragung gearbeitet. Ich referenziere hier auch zu den Bildern von Gnumolo: Möbeltransport-Wagen 1877/0 bzw. 2177.
Die Basis des Edelbastlers erwarte ich bei Märklin (ev. ist sogar Märklin der "Edelbastler").
Märklin kann nicht der "Edelbastler" sein, denn der Schriftenmaler von Märklin war um Klassen besser als der, der diese Schrift gezeichnet hat. Ein besonderes Merkmal der Schrift: Bei Märklin stehen die Buchstaben der schrägen Aufschrift alle korrekt senkrecht, während bei der hier vorgestellten Version alle Buchstaben nach links abfallen. Ausnahme: Das erste "t" fällt nach links, das letzte "t" steht korrekt.
Ein guter Edelbastler hätte doch auch die Schrift besser hingekrigt? Da bei allen mir bekannten Wagen (vgl. Schiffmann, Shiphors, Auktionen), wo beide Seiten abgebildet und sichtbar sind, aufgefallen ist, dass diese identisch sind, deutet darauf hin, dass hier nicht nur ein talentierter Schriftenmaler am Werk war.
Ich stelle nun die steile These auf, dass mein Wagen ein Spätwerk von Märklin ist und schon die ersten Leidensmerkmale von WK1 trägt (Der Wagen wurde auch 1914 noch angeboten). - Am Wagenkasten wurde ein wenig gespart: die hintere Tür verdeckt ein Rechteckiges Loch, ohne Fussleiste ältere Wagen haben oben und unten einen 3mm Rand (oben rund) - Die grossen Räder mit Speichen (wir sehen diese auch an einem anderen, auktionierten Wagen) - Die Zierlinien werden von ursprünglich Verschnörkelt immer einfacher/geradeliniger, vgl. dazu auch das Bild von Gnumolo. - die Schrift wurde reduziert, weniger Serifen, und das "&" kompakter. Passt in die Zeit. -> Identische Schriftmuster für Spur 0 und 1 -> Spur 0 ist kleiner und steiler-> wird ein wenig schief. (Ich hab keine Spur 1 mit dieser Schrift gefunden)
Der Lichttest hat nichts neues gebracht, der Lack ist so unregelmässig und verlaufen..... das braucht noch Zeit.
Also einfach mal als These in den Raum gestellt ;-)
Ich habe mir nun noch den Märklin Schriftenmaler zur Brust genommen und zwei Beschriftungen per ChatGPT vergleichen lassen. 1. den früher erwähnten EBBL Wagen (e-bay) und 2. ein Wagen von Bertoia Oktober 2019.
Die ist schon extrem:
Hier der Kommentar zum Vergleich:
Sehr gute Frage! Ich habe mir die beiden Fotos genau angesehen und die Schriftzüge „Deutsche Möbel Transport Gesellschaft“ verglichen.
Beobachtungen:
Grundform und Schriftart
Beide Schriftzüge verwenden eine nahezu identische Frakturschrift (eine alte deutsche Schriftart).
Die Buchstabenformen (z. B. das „D“ von „Deutsche“, das „T“ von „Transport“ und das „G“ von „Gesellschaft“) stimmen stark überein.
Auch die Größenproportionen zwischen den Wörtern sind sehr ähnlich.
Linienführung & Druck
Die Konturen und Ornamente wirken nicht handgemalt, sondern wie ein Druck oder Abziehbild (Decal).
Die diagonale gelbe Fläche mit rotem Rand, auf der der Schriftzug steht, ist in beiden Fällen gleich aufgebaut.
Kleine Unterschiede
In Bild 1 wirkt die Schrift etwas unscharfer / dicker, evtl. durch Abnutzung oder leicht abweichende Druckqualität.
In Bild 2 ist der Druck klarer und die Farbkontraste sind kräftiger.
Der Hintergrundton (gelb/ocker vs. hellgelb) unterscheidet sich, was an Alterung oder an einer anderen Druckauflage liegen könnte.
Fazit:
Die Schriftzüge sind im Wesentlichen identisch und stammen sehr wahrscheinlich aus der gleichen Vorlage (Abziehbild/Druckstock). Unterschiede sind eher durch Erhaltungszustand, Alterung der Farben und eventuelle leichte Druckvarianten zu erklären, nicht durch eine komplett andere Gestaltung.
👉 Das heißt: Ja, sie basieren auf derselben Vorlage.
Hier als erstes das Bild der zwei alten Wagen, von ChatGPT übereinandergelegt:
Beim "ah" von Gesellschaft hat einer der beiden einen Fleck ab, somit ist die Übereinstimmung klar.
Auf Udos hinweiss zur Schrift, habe ich ChatGPT um genaueres zur Datierung und Art gebeten, sowie noch mein neues mitgegeben. Hier die Erklärung dazu:
Fazit: Die Schrift auf Deinem neuen Modell ist eine frühe serifenlose Grotesk-Schrift. Solche Schriften waren um 1900 aufkommend, ab 1910–1920 sehr modern, und setzten sich in den 1920er Jahren stark durch.
👉 Der Wechsel von der schwungvollen „Antiqua-Kursiv“ der ersten Version hin zur sachlichen Grotesk der späteren Version passt also perfekt in diese typografische Entwicklung: von verschnörkelt–repräsentativ (Gründerzeit) zu schlicht–modern (Frühe Moderne/Bauhaus-Zeit).
Der Grund, warum man von der Frakturschrift auf die Deutsche Schrift (Grotesk-Schriften) wechselte, hat etwas mit der Eisenbahn zu tun. Es gab immer wieder Touristen, die Deutschland mit Hilfe der Bahn bereisten und die Hinweise wie Fahrtziel usw. in der Frakturschrift kaum bis gar nicht lesen konnten. Um das zu verhindern, verwendete man die lateinische Schrift; das ist dann die Deutsche Schrift oder die Grotesk-Schrift gewesen, die vorher schon im Ausland hauptsächlich verwendet wurde.
Deutschland ging danach noch zusätzlich einen Sonderweg und führte ab 1915 die Sütterlin-Schrift ein, die in den Schulen ausschließlich gelehrt wurde. Damit war aber um 1946 Schluss (die Besatzungsmächte konnten diese Schrift schwer lesen) und die Kinder lernten wieder die Grotesk-Schrift.
Märklin hat früh eine Antiqua-Schrift mit klaren Serifen verwendet. Antiqua war im Buchdruck seit dem 15. Jahrhundert parallel zur Fraktur gebräuchlich – vor allem für lateinische und fremdsprachige Texte.
Die Grotesk-Schriften, die ab dem 19. Jahrhundert aufkamen, sind serifenlose Varianten der Antiqua. Sie wurden im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert vor allem in Reklame und Industriegestaltung modern.
Der Wechsel von Antiqua zu Grotesk spiegelt zugleich den ästhetischen Übergang vom verspielten Jugendstil zur klaren Sachlichkeit des Bauhauses wider: von schwungvoll-ornamentierten Formen hin zu reduzierten, funktionalen Gestaltungen – in der Typografie genauso wie in der Architektur und im Produktdesign.
Bis heute prägt dieser Gegensatz die Typografie: Im klassischen Buchdruck dominieren Serifenschriften als Nachfolger der Antiqua (z.B. Times), während sich im digitalen Publizieren und im Web serifenlose Grotesk-Schriften (z.B. Arial) durchgesetzt haben.
Es tut mir leid, mein Deutsch ist nicht sehr gut. Aber der Waggon ist eindeutig eine Fälschung. Der „Märklin“-Stempel ist unscharf und stammt nachweislich von einem Fälscher. Echte Märklin-Stempel sind vollkommen klar. Die Räder müssen ebenfalls aus Gusseisen und magnetisch sein, sind es aber wahrscheinlich nicht.
Märklin hat insbesondere die Export-Möbelwagen für Amerika, Frankreich, Holland usw. handbeschriftet. Die deutschen Wagen sind meist im Transferdruckverfahren hergestellt.
vielleicht hilft es, sich die Schrift einmal unter einer guten Lupe oder einem Mikroskop anzusehen. Eine dicke Schicht Klarlack entsteht schnell, wenn man bei einer Replik versucht, Transferdrucke unsichtbar zu machen und/oder mit Effektlacken arbeitet, um Krakelüre zu erzeugen.
Ob, wie und auf was gedruckt wurde, kann man bei starker Vergrößerung gut erkennen.
Den Stempel würde auch aus den von Paul genannten Gründen auch anzweifeln und den Magnettest an den Rädern kann man machen. Allerdings bin ich der Meinung, dass man sich die Zeit für eine umfassende Betrachtung nehmen sollte, auch wenn man eine „eindeutige Fälschung“ vermutet. Räder kann man tauschen und einen stark bespielten Wagenboden kann man restaurieren.
Eigentlich sollte man in diesem Fall nicht von Fälschung sprechen, denn es liegt bei diesem Kauf kein Täuschungsversuch vor. Wie Peter im 1. Beitrag geschildert hat, wurde dieses Teil ausdrücklich als Nachbau verkauft. Die Sache mit dem Stempel ist markant, dieser deutet wirklich auf wenig Originalität hin. Gut beobachtet Paul. Möglicherweise wollte der Künstler mit dem Stempel einst eine Täuschung vornehmen. Immer, wenn es um viel Geld geht, besteht die Versuchung zur Fälschung/Täuschung. Mancher Fälscher wurde auch dazu gedrängt, z.B. Kujau. Aktuell geht es in der Branche um Schiffe, Feuerspritzen und andere wesentlich teuren Dinge..... Viele Grüße Wolfgang
Für mich bleibt es eine Fälschung, da es nicht als solche gekennzeichnet ist und ein Original (Stempel etc.) imitiert. Selbst wenn es als Replika verkauft wird, ist es immer noch eine Fälschung. Selbst erfahrene Sammler und Händler wussten nichts von dem Magnettest für die Räder.
Eine ehrliche Replika sollte sich meiner Meinung nach immer in einem kleinen, aber spürbaren Detail vom Original unterscheiden. Sie ist nicht exakt, aber ehrlich.
Nun konnte ich den Wagen nochmals näher anschauen: Die Räder sind magnetisch! (Beim WNG nicht)
Es bleiben bei mir folgende Fragen Offen: 1. Wann und wer hat diese Beschriftung "erfunden"? Gibt es eindeutige Märklin-Wagen mit dieser neuen Schrift? 2. Welche Wagen hat Märklin gestempelt? Die anderen mir bekannten Möbelwagen sind nicht gestempelt. 3. Was war das Vorbild des "Nordmann" Wagens? (Die Achslager und Drehbockkonstruktion sind näher bei Nordmann als den alten mir bekannten Märklischen)
An den Lack habe ich mich noch nicht getraut (die Zeit fehlt mir momentan.......).