In der Regel weiß ich was ich kaufe, aber das hier gibt mir ein Rätsel auf und der Bauch hat Ja gesagt. Es kann sich im Grunde nur um Bub oder Issmayer handeln. Die Bleiräder machen mich stutzig, aber sie sehen sehr original aus. Die Lok hat offenbar eine Pfeife intus, man sieht an einem Rad eine Vorrichtung, dann Holz im Kessel und der Verkäufer meint, die Lok würde "quitschen". Um meine Neugier zu befriedigen bis die Maschine hier ist - was habe ich mir da an Land gezogen?
Issmayer hatte schon vor 1910 Patente auf Pfeiftender. Von Bub gibt es eine Pfeiflok von 1923/4. Von Bub ist sie aber nicht. Kein einziges Detail ist konkret mit Bub identisch. Ich würde auf eine recht späte Issmayer Lok tippen.
Es gibt im Buch von M. Bowes über Issmayer auf Seite 63 einen Tender, der eine sehr ähnliche Seitenprägung und Linierung und ein ziemlich ähnliches Untergestell hat (bis auf die Ausstanzungen). Bowes schreibt dazu, das er von Rissmann ist, der sich am Stil von Issmayer orientiert haben soll.
Insofern ist Issmayer als erster Gedanke in Bezug auf den Hersteller zwar falsch, aber der Stil wäre trotzdem typisch Issmayer, wenn das gute Stück von Rissmann ist.
Mehr als die große Ähnlichkeit des Tenders kann ich als Beweis leider nicht anbieten. Ich wüsste nicht mal, wo ich nach passenden Katalogabbildungen suchen sollte. Eventuell im Universal-Spielwaren-Katalog von 1924.
PS: W. Rissmann hat ab 1907 in Nürnberg bis in die 30er produziert (Marke WiRi). Mehr ist mir nicht bekannt.
Ingenieur William Rissmann hat die Nürnberger Firma Martin Ettinger, Fabrik mechanischer Blechspielwaren, Mittlere Kanalstr. 7, 1907 übernommen und wohl bis 1913 in der Corneniusstr. 4 produziert. Die Schutzmarke war 1910
WIRI .
1910 erscheint eine Werbung: Neuheit: Eisenbahn mit pfeifender Lokomotive, mit Vorrichtung zum Ein- und Abstellen der Pfeife während der Fahrt von der Schiene aus.
In der Fachpresse wird 1910 erwähnt: William Rissmann ist es übrigens gewesen, der vor einiger Zeit pfeifende Lokomotiven zur Einführung brachte, bei welcher durch einfaches Stellen eines Hebels an der Schiene das Pfeifensignal an der Lokomotive ein- und ausgeschaltet werden kann.
1909 wird diese Pfeif-Lokomotive geschützt: DRGM 381 782 "Während der Fahrt ein- oder ausrückbarere Pfeife an Spielzeug-Lokomotiven". DRGM 401 280 "Spielzeug-Lokomotive mit während der Fahrt ein- und ausrückbarer Pfeife". DRGM 404 298 "Spielzeug-Lokomotive mit während der Fahrt ertönender Pfeife".
Neben vielen anderen geschützten Spielzeugen und Zubehör hat Rissmann wohl auch eine Zahnradbahn hergestellt, denn unter DRGM 446 832 wurde 1910 eine "Schiene für Zahnradbahnen mit Zahnstange aus einem Blechstück" eingetragen.
Zudem erfand Rissman etliche mechanische Vorrichtungen, um Uhrwerke langsam und schnell laufen zu lassen.
Interessant außerhalb der Eisenbahn ist das DRGM 359 446 von 1908: "Automobil-Spielzeug, bestehend aus einem Chassis und einem Satz auswechselbarer Karosserien".
Die in Beitrag #2 erwähnte pfeifende Eisenbahn von Issmayer wurde 1901 durch DRGM 167 275 geschützt: "Spielzeug-Eisenbahnwagen mit in demselben angebrachter, beim Fahren durch einen von der Laufachse bewegten Balgen betätigter Pfeife".
Ich vorher auch kaum, dabei war er ein bedeutender Blechspielzeug-Hersteller mit vielen Schutzansprüchen. Mir war nur bekannt, dass er Eisenbahnen herstellte (habe ich mit Leuchtfarbe markiert), aber weiter habe ich mich darum nicht gekümmert. Und ich bin überzeugt, dass es in Sammlerhand etliches ungemarktes Spielzeug gibt, das von der Firma Rissmann stammt.
Nachdem Stefan und Udo uns offenbar auf die richtige Spur gebracht haben (nicht jeder hat den Cieslik komplett im Kopf - nur Udo!) habe ich den Beitrag nun auf Rissmann umgestellt.
Bei der weiteren Suche fand ich dieses: https://toyrarities.com/de/blogs/wikitoys/toy-makers-a-z Dort wird Rissmann auch die Marke Ri-Co zugeschrieben. Nachdem ich aber eben im Cieslik zu Kohnstam nachgelesen habe (die hatten auch eine Marke RiKo), kann es sich auch um eine Verwechslung handeln.
Im Cieslik ist auf Seite 355 eine Anzeige zu finden mit einem Zug von Rissmann. Das Untergestell des Tenders ist absolut identisch zur Pfeiflok. Der Wagen hat fünf Fenster mit der seltenen Anordnung schmal - breit - schmal - breit - schmal. Das erscheint mir auch typisch.
Bei meiner Suche nach dem Namen fand ich William Rissmann in den USA. Die Geburtsdaten können aber nicht stimmen.
Rissmann hatte auch ein DRGM 459 012: "Zylinderkasten für Spielzeuglokomotiven, aus einem Blechstück". Bei der Lok oben ist der Zylinder aus einem Blech gebogen.
Die Liste der Gebrauchsmuster ist enorm und beeindruckend. Alles endet 1914. Das legt den Verdacht nahe, Rissmann war Ausländer und hat ähnlich wie Carette mit Ausbruch des Weltkrieges Deutschland verlassen müssen. Aber das ist nur eine These.
Der rote Tender, welchen Stefan zeigt, ist im Issmayer Buch ein Bestandteil einer Zugpackung von Moko ( Moses Kohnstam ).
Zu dieser Packung gehört auch der von Ypsilon erwähnte Wagen mit der ungewöhnlichen Fensteraufteilung.
Ich hatte den Wagen zu Bub zugeordnet, da das Fahrwerk aussieht wie die anderen Bub Fahrwerke. Das muss ich revidieren, beim aufeinanderlegen unterscheiden sich die Fahrwerke um ca 0,5 mm.
Auch die Kupplungsöse ist anders als bei den Bub Wagen.
Zum Wagen: Das Fahrgestell ist ein anderes in der Anzeuge. Die Litho des Wagens auch. Aber der Wagenkasten sieht genau so aus.
Zur Lok: Nein weitere Fotos gehen noch nicht, die Lok schwirrt noch im Nicht-EU-Ausland herum und das dauert. Der Einwand wegen Co ist plausibel. Das Ende 1914 kann natürlich auch anders mit dem Krieg zusammen hängen.
Ypsilons Einschätzung, daß William Rissmann als Ausländer das Schicksal Carettes teilte, halte ich für sehr wahrscheinlich!
Auch ich habe den Namen Rissmann in USA gefunden. Es handelt sich um eine deutsche Auswandererfamilie. Auch die Ehefrauen der "Rissmänner" waren deutschstämmig.
Es ist daher gut möglich, daß ein Sohn der Familie zu seinen Wurzeln zurückkehrte! Übrigens gibt es auch in Australien den Familiennamen Rissmann.
William Rissmann hat seine Produktion augenscheinlich bereits 1913 eingestellt. Ich werde dazu berichten.
Die Angabe, dass Rissmann bis Anfang der 30-er Jahre produziert haben soll, ist auf einen Irrtum zurückzuführen. Bis Anfang der 30-er Jahre zeigten Kataloge von Nürnberger Spielwaren-Agenten bzw. Händler Produkte von Rissmann. Meines Erachtens handelt es sich hier um Ware, die nach Auflösung der Firma 1913 bereits fertig war und im Ausverkauf von Moses Kohnstam und anderen angekauft wurde.
Ergänzend zu meinem Beitrag #5 habe ich gefunden, dass der Vorgänger von William Rissmann, der Martin Ettinger, in der Allgemeinen Zeitung München vom 19.12.1903 mit einer Patentanmeldung erwähnt wird: "Befestigungsvorrichtung für die Schienen von Spielzeug-Eisenbahnen, Martin Ettinger, Nürnberg." Eine Patentnummer wird nicht angeführt.
2019 wurde bei eBay USA eine zweiteilige Lokomotive als "Prewar William Rissmann of Nürnberg Windup Clockwork Passenger Set" angeboten. Die beiden Wagen sind ähnlich wie der von Arne hier gezeigte, aber die Lokomotive ist viel einfacher als die von Ypsilon.
Dass Rissman sich sowohl an Bub als auch Issmayer orientiert hat sieht man an folgendem Bild. Der rechte Wagen ist von Issmayer. Der linke von Rissmann, wobei das Untergestell dem von Bub ähnelt.
Neben Issmayer hat auch Bub sehr ähnliche Wagen hergestellt wie man an den beiden folgenden Wagen sieht. Rissman hat wohl eine Melange aus beiden Vorlagen fabriziert. Man könnte auch sagen "abgekupfert".
Die Ähnlichkeit ist erstaunlich. Unterschiedlich dürften die Breiten der schrägen und geraden Federn sein: Bei BUB breiter, bei Rissmann schmaler. Bitte einmal nachmessen.
Wer von wem abgekupfert hat, ist aber hier die Frage, denn auch der Vorgänger von William Rissman, der Martin Ettinger, hat schon vor 1907 Eisenbahnen hergestellt.
Abgekupfert wurde in dieser Zeit in der Tat viel - bei allen Herstellern, da kann man keinen ausnehmen. Das Design des Bub Untergestells lässt sich bis 1903 zurückverfolgen. In diesem Fall würde ich daher auf Rissmann als Nachbauer tippen. Weiß man mehr über Ettinger? Z.b was für Eisenbahnen produziert wurden? Bodenläufer, Uhrwerk o.ä? Gründungsdatum?
PS: Die Abmessungen der Fenster, Achsabstand usw. sind mit Sicherheit alle unterschiedlich. Zur Unterscheidung Bub / Rissman kann man den unteren Achsträger hernehmen. Bei Bub ganz gerade. Bei Rissman (und Issmayer) mit zwei Hubbeln.
Stefan, nein, über Ettinger weiß man erst einmal nichts. Wir können froh sein, überhaupt etwas zu Rissmann erfahren zu haben. Aber: Eventuell gibt es demnächst hier mehr Informationen. Etwas Geduld.
Und ich meine, hier im Forum schon einmal einen Waggon gesehen zu haben, der bei den Federn die Ausformungen von Rissmann hatte. Nur der Zufall wird da helfen, den Beitrag zu finden. Ich bin sowieso gespannt, was noch so alles auftauchen wird, das vermeintlich BUB zugeordnet wurde. Von Ettinger würde ich aber auch gerne mal etwas sehen. Abwarten. Eines Tages taucht ein Teil auf.
Am ehesten taucht so etwas in Nürnberg auf (wenn der Krieg nicht gewesen wäre). Die Arbeiter aus den Spielwarenfabriken haben bestimmt oft Blechspielzeug ihren Kindern geschenkt.