Zitat von Udo im Beitrag #24Die Arbeiter aus den Spielwarenfabriken haben bestimmt oft Blechspielzeug ihren Kindern geschenkt.
Das glaub' ich nicht. Fabrikverkauf an Mitarbeiter gab es damals noch nicht. Es gab nur Arbeiter. Und die konnten sich die Spielsachen nicht leisten, die sie produzierten.
Das kenne ich im Übrigen. Als ich als Künstler aktiv war, wurden meine Werke so hoch gehandelt, dass ich sie mir nicht hätte leisten können. Zur Wertschöpfung gesellen sich viele Faktoren.
Und ich behaupte als Gegenthese, dass es bei lithografiertem, ausgestanztem und gelaschtem Spielzeug keinen Ausschuss gab. Jedenfalls keinen der fertig montiert war. Ausschuss gab es vielleicht in einer Zwischenstufe, aber nicht als Endprodukt.
Es gibt Modelle, wo die Stanzung komplett Banane ist und überhaupt nicht zur Litho passt. Ob diese Montagsmodelle nun regulär in den Handel kamen oder an Werksmitarbeiter verkauft wurden, kann man wohl nicht mit Sicherheit beantworten. Das kann auch von Hersteller zu Hersteller verschieden gewesen sein. Sicher ist nur, dass diese Modelle existieren und nicht geschrottet wurden, weil das Rohmaterial zu teuer zum wegschmeissen war oder man zur damaligen Zeit noch keine konsequente Endkontrolle kannte.
Nachdem meine Zoll-Relaisstation die Lok in Empfang nehmen konnte gibt es neue Bilder. Danke dafür! Also - es ist eine Pfeiflok. Bisher war das nur eine Vermutung. Die These, es könnte sich um eine Rissmann-Lok handeln verdichtet sich aus verschiedenen Gründen: - Rissmann baute Pfeifloks, - Rissmann war in Nürnberg ansässig, so dass die dortige Technologie Lithografie und Stanzen und der typische Nürnberger Stil naheliegend ist, - Rissmann hatte ein DRGM 427 023 auf "Triebstangen-Verbindung an Spielfahrzueugen mittels eines aus dem einen Reil herausgezogenen und durch den anderen Teil hindurch geführten Stutzens", was ich als die an diese Lok verwendete Kreiuzkopfausführung deute, - Rissmann hatte ein DRGM für einen Zylinderblock aus einem Stück - das hatte ich oben schon erwähnt, - das Tendergestell ist identisch mit einer Anzeige, die man bei Cieslik auf Seite 355 nachlesen kann. Zudem kommt eine relative Seltenheit von Rissmann-Modellen, die auf die kurze Fertigungszeit zurück geführt werden kann.
Die klauenartige Ausführung des Pfeifenantriebes.
Hier sieht man schön die zweigeteilte Treibstange.
Hinterm Loch im Kessel verbrigt sich die Pfeife, die Blechstreben vor dem Schornstein und hinter dem Dampfdom halten die Pfeife.
Ungewöhnlich erscheinen mir auch die in die Führerhausebene geklappten Haltestangen. Das Detail machte sonst kaum ein Hersteller.
Auf den beiden folgenden Bildern sieht man die Hemmung/Bremse, die nur aus einer Blechnase besteht, die auf die Regulatorwelle gepresst ist.
Der durchgesteckte Nagel dient hinten als Treibstangenlager und vorn als Betätigungsstift für die Pfeife.
In der Zwischenzeit hier ein Foto von der roten Rissmann Lok. Ist dieselbe Lok wie die schon gezeigte grüne Variante - es ist aber noch ein Wagen mit dem frühen Untergestell dabei.
Mehr als diese zwei prinzipiell verschiedenen Untergestelle scheint Rissmann abgesehen von Detailänderungen nicht gebaut zu haben: Einmal das ungeprägte Bub-bzw.Issmayer-ähnliche mit den 2 Hubbeln und dann das spätere geprägte Untergestell wie beim Tender.
William Rißmann, wohnhaft Comeniusstr. 9/I hat am 01.06.1907 von Martin Ettinger eine „Mech[anische] Blechspielwarenfabrik“ in der Mittleren Kanalstr. 7 übernommen. „Beschäftigt sind 5-6 Arbeiter und 10-12 Arbeiterinnen“ Martin Ettinger übernahm zuvor am 21.08.1896 das Blechspielwarengeschäft seines Vaters in der Himpfelshofstr. 5.
William Rißmann, geb. 1880 in Mittweida, fiel laut Sterbeeintrag des Standesamts Nürnberg im Ersten Weltkrieg am 01.07.1916 bei Montauban (vermutlich in einem Internierungslager in Montauban bei Toulouse oder Montauban-de-Bretagne). Er wurde 36 Jahre 3 Monate alt.
Seine Witwe Dora Rißmann gab am 12.10.1916 das Geschäft auf.
Zu Martin Ettinger:
Allgemeine Zeitung Nürnberg vom 24.4.1904
Auszüge aus der amtlichen Patentliste 152049 Befestigungsvorrichtung für die Schienen und Spielzeugeisenbahnen - Martin Ettinger Nürnberg.
Das ist ja interessant: Rißmann hatte seine Fabrik in der Mittleren Kanalstraße 7. Adolf Schuhmann eröffnete seine "Mechanische Blechschienenfabrikation" - so steht es in der Gewerbeanmeldung - am 1. August 1905 in der Mittleren Kanalstraße 5. Der Umzug in die Schreyerstraße 5 erfolgte erst 1908 oder 1909.
Rißmann und Schuhmann waren einige Jahre lang Nachbarn !!! Ich will ja nicht spekulieren: Haben die beiden nicht nur gelegentlich einen Kaffee oder ein Glas Bier zusammen getrunken ? Haben sie sich über ihre Fertigungen ausgetauscht ? Bei Problemen geholfen ? Oder sogar sich gegenseitig mit Teilen beliefert ?
Ich habe in meinen Beiträgen immer wieder darauf hingewiesen, daß es im Stadtteil Gostenhof viele kleineund mittlere Blechfabriken gab. Die haben doch nicht abgeschottet voneinander gearbeitet. Manche Übereinstimmungen in den Artikeln lassen sich nach meiner Auffassung durch die räumliche Nähe der Fabrikanten und die sich daraus ergebende Zusammenarbeit erklären.
Ich auch nicht. Das Verfahren ist aber materialintensiv, der zweite Wulst braucht Material und im Grunde der eigentliche Schienenfuß auch, wenn man ihn umschlägt.
Gerade noch ein Patent von einem Martin Ettinger gefunden. Von 1891 unter der Adresse Nürnberg Bauerngasse 21 eingetragen. Ob das wohl der gleiche Martin Ettinger ist ?
Verfahren zur Herstellung und Befestigung der Nabe von Blechrädern
Das Beste ist der Tender. Der feht ja so oft. Bei dir ist er allerdings schon vorhanden. Und die Oberfläche der Räder ist unterirdisch, aber das war wohl damals so. Zumindest bei Rissmann.
Zitat von ypsilon im Beitrag #49Ein Traum sich das anzusehen!
Dem kann ich nur zustimmen! Habe dies auch schon anderen Sammlern empfohlen. Auch die Auktionen davor sind sehr hilfreich für die eher seltenen Artikel. Bislang war ich von den Zuordnungen positiv angetan, nur selten wurden Dinge falsch beschrieben. Im vorliegenden Fall ist dieses Spezial-Wissen für Nischen-Produkte nicht vorhanden. Bertoia ist hier nicht Mtglied/Mitleser..... Viele Grüße Wolfgang