Das am Brenner angebrachte Zeichen DRGM - Deutsches Reichs Gebrauchs Muster - wurde 1891 eingeführt und wurde bis 1945 eingesetzt, also in der langen Zeit, in die wir diese Bing-Lok ohnehin eingeordnet hätten. Grüße von elaphos
Die Schwarzlicht-Aufnahme zeigt, daß die Lok bisher noch keinem Restaurator in die Hände gefallen ist. Die gesamte Lackierung ist original.
Martyna, mich interessiert die akademische Fragestellung Deiner Arbeit. Wie lautet das Thema? Wie viel Zeit hast Du für Deine Arbeit? Hast Du brauchbare Hilfsmittel für Deine Untersuchungen?
Hallo, Ich habe zwei Jahre. Ich muss sein ursprüngliches Aussehen wiederherstellen. Ich denke, der Kohlelaster könnte schwarz gewesen sein, weil er neu lackiert wurde. Dies ist ein Foto einer Probe aus dem roten Teil. drei Schichten! das rote ist oben.
An der Lok muss in verschiedener Art gearbeitet worden sein. Eine solche Farbfassung ist nicht belegt und generell ungewöhnlich. Grüne Rauchkammer, schwarzer Kessel, grünes Führerhaus. Das ist nicht üblich. Zumindest war - schon aus praktischen Gründen, die Rauchkammer schwarz, wenn es schon eine farbige Fassung der Lok ist. Zudem erkennt man in der Vergrößerung eine nicht professionelle Lackierung und Linierung. Bei dieser Lok handelte es sich um ein Lehrrmittel in entsprechender Preislage. Potentielle Kundschaft hätte solche Ausführung nicht akzeptiert, wenn man im Laden nebenan zeitgleich andere und ebenso schöne Lokomotiven von Märklin oder Carette kaufen konnte. Die Tenderdrehgestelle sind offenbar nicht oder nicht richtig montiert. Die Räder sind zu klein und Bing verwendete keine Hülsen auf den Achsen. Die Räder passen vom Durchmesser eher für die fehlenden Vorlaufräder. Ich halte Nitrolack in der jetzigen Variante (teils) für möglich, das ist übliche Farbe für Reparaturen gewesen. Historisches Spielzeug wurde zu der Zeit allerdings eher mit Lacken auf Alkoholbasis lackiert. Also mit den dazu passenden Harzen, Schellack oder Kopal. Unsere Aussagen hier sind angelesenes Wissen von Hobbyleuten. Wir haben keine Möglichkeit Lacke zu analysieren oder ein fundiertes Wissen dazu aufzubauen. Wir hoffen eher auf klugen Input von studierten Restauratoren....
Die Lok ist im Bing-Katalog Ausgabe 1912 auf Seite 106 recht gut abgebildet. Es gab sie für Spur I (48mm), Spur II (54mm) und Spur IV (75mm). In der Spur iV muss sie riesig sein. Martynas Lok in Spur I hatte die Bestellnummer 161/580. Nach der Katalogabbildung stimmen die hier gezeigten Tenderräder im Durchmesser. Die hier fehlenden Räder des Vorlaufdrehgestell sind um den Faktor 2,5 kleiner als die Treibräder der Lok und haben 10 Speichen.
Bemerkenswert in diesem Katalog ist übrigens im Vorspann der Hinweis: "Privat-Personen erhalten weder Kataloge, noch irgenwelche Warenlieferungen". Der mir vorliegende Katalog muss also ein Händlerkatalog gewesen sein. Es ist erstaunlich, dass er in den vergangenen 112 Jahren nicht in irgendeinem Ofen gelandet ist.
bereits erwähnt wurden Naturharzlacke, die hauptsächlich aus in Alkohol gelösten alten Naturharzen bestehen. Sie werden meist als Spirituslack bezeichnet. Sie bleiben löslich in Alkohol, und so kann getestet werden, ob es sich um Spirituslack handelt. Einfach an einer unauffälligen Stelle vorsichtig probieren.
die Frage, wie Eisenbahnen und Zubehör um 1850 bis 1940 lackiert wurden, taucht immer wieder auf. Mir ist kein Fall bekannt, wo das abschließend und mit absoluter Sicherheit geklärt werden konnte. Technische Möglichkeiten dies festzustellen sind vorhanden, doch viel zu teuer in der Durchführung, als dass es sich bei unseren Objekten lohnen würde. Hinzu kommt, dass nicht auszuschließen ist, dass die Objekte im Nachhinein überlackiert wurden. Mit Firnis ist oft ein dünner Überzug mit Spirituslack oder ähnlichem gemeint.
Spirituslack kann mit der Zeit spröde werden. Es bilden sich kleine Abplatzungen, die typisch sind. Hier kann sehr einfach untersucht werden, ob es sich um Spirituslack handelt.
Hier ein (Negativ-)Beispiel:
Die Rückseite sieht aus, als sei sie aus Ton. Die Probe ist insgesamt zu dick.
Nun erfolgt der Versuch, die Probe in Spiritus aufzulösen.
Nach sehr kurzer Zeit sollte sich der Lack auflösen und wichtig: Es entsteht eine klebrige Masse bzw. Flüssigkeit.
Kein Spirituslack! Die Probe stammt vermutlich von einer alten Spur 1 Masse-Bahnhoffigur. Sollte eines meiner Bing Sammelstücke freiwillig eine Probe abgeben, werde ich den Versuch wiederholen.
Bei den handlackierten Bing Objekten bin ich mir recht sicher, dass sie mit Spirituslack lackiert wurden. EDIT:
Eine winzige Probe >1mm stammt von der Bing Gebirgsmühle und wurde in Spiritus eingeweicht. Auffallend ist die relativ starke weiße Grundierung.
Mithilfe von präzise geschliffenen Stuckertöreisen wurde die Probe zerkleinert. Offenbar handelt es sich um Öl-Kopal-Lack.
Nachdem das Lösungsmitte Spiritus verflogen ist, bildet sich eine feste Masse. Es handelt sich um Spirituslack!
eine Anmerkung zur Wiederherstellung oder Restaurierung alter Eisenbahnen.
Zitat von Martyna_Jaroch im Beitrag #54Ich muss sein ursprüngliches Aussehen wiederherstellen.
Es ist bei einer Dampflok nicht möglich, das ursprüngliche Aussehen wieder herzustellen. Bereits die erste Fahrt hinterlässt bleibende Veränderungen an der Lok. Es kann meiner Meinung nach nur darum gehen, den ursprünglichen Eindruck wieder herzustellen, das bedeutet, die nicht originale Farbe zu entfernen und durch zeitgemäßen Lack zu ersetzen. Überdies wird eine komplette Neulackierung in der original Bing Qualität kaum gelingen.
Lieber Heinz, wir wissen nicht, was in Polen möglich ist. Dort habe ich schon erstaunliche Restaurationskünste erlebt. Und bei Martyna denke ich, dass sie in der vorgegebenen Zeit einiges schaffen kann. Ich bin schon gespannt, was sie über den Fortschritt ihrer Arbeit berichtet. Was wir beitragen können, ist, Martyna mit den nötigen Originalbeispielen zu versorgen, die sie zum Vergleich braucht. Leider habe ich selbst vor WKI außer dem Katalog kaum Material von Bing, das Martyna von Nutzen sein könnte. Hier ist z.B. in unserem Forum ein ziemlich alter Beitrag, der Martynas Lok recht gut zeigt: Bing Lok - Zustand besser... Im Gegensatz zu dem, was ich oben geschrieben habe, haben die Vorlaufräder bei dieser Lok nur sechs Speichen. Die Katalogabbildung, die ich beschrieben habe, ist in diesem Beitrag bildlich zu sehen. Nach allem, was bisher berichtet und gezeigt wurde, gab es die Vorlaufräder mit 6 und 10 Speichen, wobei es sein kann, dass die mit 10 Speichen den größeren Ausführungen der Lok in Spur II oder IV vorbehalten waren. Grüße von elaphos
Kann man nicht mit Hilfe der Spektralanalyse die Zusammensetzung der Lackierung bestimmen? Und wenn Martynas Projekt einen akademischen Hintergrund hat, könnte ihr Prof doch mal in der Forensik seiner Uni nachfragen... Die Forensiker können das und ein kleines Stück Lackabplatzer würde als Probe genügen.
An Metallarbeiten fällt das Vorlaufdrehgestell an, welches sich aus entsprechendem Blech herstellen lässt. Auch die Räder müssten sich finden lassen, und die fehlenden Puffer lassen sich auf der Drehbank relativ einfach herstellen. Am schwierigsten erscheint mir, wenn man die Lok wieder funktionsfähig machen will, die Herstellung der Wasserstandsanzeige mit der dichtenden Halterung und dem Glasröhrchen. Grüße von elaphos
Es ist bei einer Dampflok nicht möglich, das ursprüngliche Aussehen wieder herzustellen. Bereits die erste Fahrt hinterlässt bleibende Veränderungen an der Lok.
Herzliche Grüße Heinz
Ich habe nicht viel Erfahrung mit dem Betrieb historischer Dampflokmodelle, aber ich glaube nicht, dass Ihre Aussage auf die Dampflokmodelle zutrifft, die ich betreibe. Sie sehen nach einer Fahrt aus wie neu, wenn sie sorgfältig gereinigt werden. Vielleicht ist die Lackqualität der letzten fünfzig Jahre viel besser?
Eine Restaurierung kann sicher so gemacht werden, dass selbst ein Experte diese nicht erkennen kann. Verdächtig ist dann nur der zu gute Zustand.
Die Lackierung wurde bei Bing fortlaufend weiterentwickelt und es gab sicher auch immer wieder Ausreisser in einer Charge oder von Charge zu Charge. Z.B. gibt es Güterwagen der Zeit, wo der Lack im grossen Stil abplatzt.
Ich gehe davon aus, dass Bing zu der Zeit keine Ölfarben mehr verwendet hat, da die Trockenzeit bzw. Trockenöfen in dem Produktionsmassstab nicht mehr wirtschaftlich gewesen wären.
Der Tender kann durchaus ursprünglich schwarz gewesen sein. Die Rauchkammer (vorderer Teil des Kessels) ist bei meinen Beispielen immer als eigener Farbauftrag schwarz und nicht schwarz auf einer grünen Kesselgrundierung.
Ich hätte noch dieses Wrack für nicht zerstörungsfreie Untersuchungen:
ich bin ebenso überrascht wie erfreut, dass eine komplette Neulackierung nicht abschreckend wirkt. Das war auch ganz bestimmt nicht meine Absicht. Was ich sagen wollte, dass auch nach perfekter Lackierung Gebrauchsspuren sichtbar bleiben. Im Werk wurde die Lok vor dem endgültigen Zusammenbau lackiert oder zum Teil lackiert. Nun muss sie zunächst demontiert werden, das sollte kein Problem sein.
Ausgehend davon, dass die Lok im Original mit Spirituslack lackiert wurde, kommt es auf die Zusammensetzung des Lackes an. Hier werden Flussverhalten, Deckkraft und Trocknungszeit bestimmt. Ich sprühe meinen Spirituslack mit einer einfachen Airbrush Anlage. Sicherlich hatte die Fabrik Bing das Verfahren und die Werkzeuge optimiert.
Nun möchte ich noch etwas zum Thema, wie finde ich heraus, ob es sich um Spirituslack handelt, beitragen. Beitrag #65 habe ich ergänzt.
Eine einfache Bing Wackelzylinder Dampflok (kennt jemand die Katalognummer?) zeigt typische, durch Hitze verursachte, Beeinträchtigungen des Spirituslacks.
Kleine Bläschen unter dem Führerhaus; der Lack des Daches ist völlig verbrannt. @SNCF231E Während des Trockenvorganges ist Kopal-Spirituslack bis 50 Grad Celsius stabil,100 Grad ist der Flammpunkt. Ich gehe davon aus, dass der Lack hitzestabiler wird, wenn ältere Harze, im Extremfall Bernstein, benutzt werden. Solche Harze stehen mir aber nicht zur Verfügung.
Was tut man nicht alles für die Wissenschaft‽
An einer unauffälligen Stelle zeigt der Lack das für Spirituslack typische Krakelee. Hier bringe ich den Spiritus auf und lasse ihn einwirken.
Nachdem der Spiritus verflogen ist, ist der Lack wieder ausgehärtet.
Auf Ihren Bildern sieht man deutlich, welche Schäden ein historisches Dampfmodell durch den Betrieb erleidet. Hier ist ein Bild einer meiner Spur-1-Dampflokomotiven, die viel mit Dampf gefahren ist. Sie sieht noch aus wie neu. Neuere Lackierungen sind offensichtlich von besserer Qualität.
eine Anmerkung zur Wiederherstellung oder Restaurierung alter Eisenbahnen.
Zitat von Martyna_Jaroch im Beitrag #54Ich muss sein ursprüngliches Aussehen wiederherstellen.
Es ist bei einer Dampflok nicht möglich, das ursprüngliche Aussehen wieder herzustellen. Bereits die erste Fahrt hinterlässt bleibende Veränderungen an der Lok. Es kann meiner Meinung nach nur darum gehen, den ursprünglichen Eindruck wieder herzustellen, das bedeutet, die nicht originale Farbe zu entfernen und durch zeitgemäßen Lack zu ersetzen. Überdies wird eine komplette Neulackierung in der original Bing Qualität kaum gelingen.
Herzliche Grüße Heinz
Ich weiß. Der Zweck der Konservierung besteht darin, das ursprüngliche Aussehen wiederherzustellen und gleichzeitig sein Alter zu bewahren.