wenn ich geschrieben habe, dass man unter UV nichts erkennen kann, so meinte ich damit, dass man unter UV nicht mehr erkennen konnte als unter normalem Licht. Man sieht natürlich unter UV eine ganze Menge, aber speziell bei den entscheidenden Stellen an dieser Lok hat das UV nicht viel geholfen.
Die entscheidenden Details sind die Pufferbohlen am Tender und hinten an der Lok gewesen. Die sind schwarz und vollflächig lackiert. Im UV fallen Tupfer gut auf, weil sie dann meistens dunkler aussehen und deshalb vor dem hellem Hintergrund hervortreten. Bei vollständig schwarz lackierten Flächen hilft einem UV auch nicht viel. Rainer hat die Restauration dieser Schwarzbereiche mit Sicherheit nicht verheimlichen wollen, er hat sie einfach nur handwerklich sehr sorgfältig gemacht, so dass sie einem nicht sofort ins Auge springen.
Auch bei den Austupfern auf der Lok hat UV nicht viel zusätzlich gebracht. Die Lok hat ganz schön viele Blessuren und kleinere Abplatzungen im Lauf der Zeit abbekommen und der Lack ist schon extrem gealtert, scheckig und runzelig. Auch die Abplatzungen sind schon fast schwarz nachoxidiert. Ich nehme an, einige Stellen waren frisch abgeplatzt und waren noch auffällig hell, so dass man sie minimal ausgetupft hat. Unter UV fallen diese dunklen Tupfer unter den anderen dunklen Abplatzern auch nicht wirklich auf.
Mein Fehler bei dem Tender war, dass ich gedacht hatte, dass man unter UV bestimmt etwas entdecken würde, und ich viel zu lange damit verbracht hatte, da nach eindeutigen Hinweisen zu suchen. Aber ob ein Lack nun 50 oder 120 Jahre gealtert ist, das kann man unter UV genausowenig auseinanderhalten wie unter normalem Licht.
Was mir tatsächlich viel mehr geholfen hat, war mich auf dem Balkon in die pralle Sonne zu setzen. Wenn man dann die Reflektionen auf dem Lack betrachtet, fällt einem jede Kante bzw. Unregelmäßigkeit der Oberflächenstruktur auf, also jeder Pinselstrich, jede Überlackierung, matte und glatte Stellen, und sogar transparent überlackierte Stellen. Die Räder der Lok sind z.B. mit irgendwas Klarem ganz dünn überlackiert. Evtl. Zapponlack als Rostschutz oder unpigmentierter Spirituslack. Erst in der Sonne ist mir aufgefallen, dass an einer Stelle eines Rades ein Rand zu sehen war. An der Stelle war ein Stück des Lackes abgeplatzt. An den Stellen, wo die Puffer angelötet waren, hatte der Lack außerdem auf dem Führerhausboden leichte Blasen geworfen. Das war mir unter UV vorher überhaupt nicht aufgefallen.
Insofern bin ich da anfangs zu naiv an die Sache herangegangen - das war das erste handlackierte Stück aus dem 19ten Jahrhundert, was ich in der Hand hatte. Was mir daher auch wirklich gefehlt hat, war ein originales Referenzexemplar. Wenn ich das gehabt hätte, hätte ich die Puffer schon viel früher als Nachbau von Rainer identifizieren können. Da habe ich ordentlich Lehrgeld bezahlen müssen. In Zukunft setze ich mich erst einmal mit einer Lupe, einem Referenzexemplar und einem Bier in die Sonne und schaue mir das Teil von allen Seiten genau an.
PS: Mit Lehrgeld meinte ich die lange Erkenntnisfindung, der Preis selber war schon ok. Die Möglichkeit eines NB Tenders war schon eingepreist. Bei Lankes selber wurde aber auch noch eine Nr. 8388 aus Rainers Fundus mit Tender für 900+ versteigert. Der Tender alleine läge dann so bei ca. 600 EUR. Er schaut echter aus, aber ob er das tatsächlich ist? Siehe Tender Nr. 1 im folgenden Post.
um die Originaltender von Nachbauten besser unterscheiden zu können, habe ich alles, was ich dazu bisher aus dem Internet, bei Lankes und von Wolfgang finden konnte, zusammengetragen. Hier erstmal die Bilder:
Tender 1: Original? Edit: Übermalt, Räder erneuert, hinten Kleeblattkupplung. Ohne Originalbeschau muss man NB annehmen.
Tender 2: NB! Edit: Wahrscheinlich auch auf Basis eines Güter- bzw. Packwagens.
Tender 3a: Original? Edit: Seitliche Achsträger sind aufgesetzt, keine Blattfedern. Kein Bing Original! Evtl. Schoenner.
Tender 3b: Original? Edit: Kein Bing Original.
Tender 4: Alter NB auf Basis eines späteren Wagens Edit: Abmessungen der Wagenbasis (BxLxH): 6.2 x 10.7 x 3.1 cm
Tender 5: Original!
Tender 6: Original!
Tender 7: Original! Edit: Heinz, was sind die Abmessungen?
Tender Nr. 1 ist wohl übermalt, ferner wurden die Räder erneuert. Tender 3 a/b ist von Schoenner, vor 1900 sofern die Vernietung der Kupplung original. Das war von Schoenner die erste Hakenkupplung nach der Schlupfkupplung. Sieht original aus. Viele Grüße Wolfgang
Dein Tender schaut sehr alt aus. Nachdem Du auch die ältere Lok Version mit der Gebr.B. Beschriftung hast, ist der kastige Tender ohne Handläufe wahrscheinlich die frühere Version, die auch im Katalog von 1898 abgebildet ist. Die Version mit den Handläufen passt dann evtl. zu späteren Baujahren (mit Geb.B.).
Es gibt erst wieder 1902 einen Katalog, so dass für 1900 und 1901 eine Dokumentationslücke existiert, wo der spätere Tender noch abgebildet sein könnte. Es soll noch einen Hauptkatalog von 1901 geben. Habe ich bisher aber leider noch nicht als Reprint gesehen.
Zitat von snroettg im Beitrag #57aber leider noch nicht als Reprint gesehen.
Ich auch nicht, gibt es offenbar auch noch nicht. Bei den Originalen habe ich auch noch nicht reingeschaut. Kenne nur einige wenige unbedeutende Seiten. Viele Grüße Wolfgang
Hier sind auch noch mal so ähnliche sehr alte Lampen, aber leider immer noch nicht alt genug. Die dazugehörige Lok hat die Kleeblattkupplung, d.h. das ist schon nach 1901.
Zitat von snroettg im Beitrag #59es ist auch der Hauptkatalog von 1901 abgebildet:
Hallo Stefan, die beiden Kataloge von 1901 sind noch nicht lange hier sichtbar. Hatte mal vor etlichen Jahren mit Herrn Swinkels wegen des Kataloges 1893 telefoniert als dieser neu zu sehen war. Ich hatte nach Eisenbahnen in diesem Katalog gefragt, dies hat er aber kurz beantwortet: keine Eisenbahnen im Katalog 1893. Oben steht geschrieben, wem die entsprechenden Kataloge gehören: bei 1901: Günther Karl, Deutschland (ist mir nicht bekannt) Viele Grüße Wolfgang
Zitat von snroettg im Beitrag #62Es sind aber sehr schöne Bilder
Hallo Stefan, ja, die Bilder kenne ich und ich weiß auch wer diese eingestellt hat und woher die Lok stammt. Äußerste Vorsicht wegen der Bildrechte! Es sei denn Du kennst den Mann und hast die Erlaubnis. Ich kenne ihn übrigens schon viele Jahre, ist ein Händler und permanent mein Widersacher!! Habe sie deshalb nicht gekauft, weil der Kuhfänger nicht dazu gehört. Der ist von Carette und nicht von Bing. Diese Lampen helfen auch nicht weiter. Viele Grüße Wolfgang
Bildrechte sind so eine Sache im Netz, da hast Du Recht. Im Prinzip darf man eigentlich gar nichts zeigen, was man nicht selber fotografiert hat. Zumindestens in Deutschland ist das Urheberrecht sehr eng gefasst. In den USA sieht die rechtliche Sachlage wieder vollkommen anders aus. Welches Recht gilt nun also für eine Veröffentlichung im weltweiten Netz? Wenn man sich das einmal genauer anschaut, wird es schnell unübersichtlich kompliziert. Einerseits gibt es den privaten Urheberanspruch, andererseits gibt es auch das berechtigte Interesse der Allgemeinheit und das Zitierrecht. Defacto ist das Netz leider eine rechtliche Grauzone. Als Privatmann kann man eigentlich nur nach dem Grundsatz verfahren: Wo kein Kläger, da kein Richter. Wie auch immer - ich habe die Bilder aufs Wesentliche reduziert: die Lampen. Notfalls entferne ich die Bilder natürlich gerne wieder.
interessanterweise sehen die gezeigten amerikanischen Gusslaternen fast so aus wie auf dem Katalogbild - nur nicht ganz so dick. Hier in der direkten Gegenüberstellung:
Was ist nun das Original? Und was ist eventuell nachträglich restauriert, poliert oder lackiert? Das lässt sich anhand von schlecht aufgelösten Bildern schwer beurteilen. Eventuell gab es auch verschiedene Versionen der Lampen.
Es ist aber zumindestens auffällig, dass auf dem einen Foto der Lampenkörper schwarz ist und auf dem anderen Foto metallisch ausschaut. Der Lok, die in der Zugpackung enthalten war und eine schwarzen Lampenkörper hat, würde ich mehr Originalität zusprechen. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einer Zugpacking die Laternen verloren gehen und dann irgendwann einmal ersetzt werden mussten, ist wesentlich geringer. Die Lampen in obigem Katalogbild schauen auch so aus, als wäre der Lampenkörper schwarz.
Ich tendiere daher dazu, anzunehmen, dass diese Lampen Gusslampen mit schwarz lackiertem Körper und metallfarben lackiertem Reflektor sind und dass das Bild in Post #26 irreführend ist. Wenn man genau hinschaut, erkennt man auch im oben gezeigten Ausschnitt (rechtes unteres Bild), dass am linken Rand des Lampenkörpers noch schwarzer Lack vorhanden ist und der größte Teil wahrscheinlich einfach nur abgeblättert ist. Man erkennt drei Farben: einen silbrigen Gussrohkörper, einen etwas gelblicheren Reflektor und Reste von Schwarz. Die Zylinder meiner Lok und auch die hinteren Haltestangen am Führerhaus tragen Reste von goldfarbenem Lack, der dem Reflektor sehr ähnlich sieht. Es spricht einiges dafür, dass auch die Reflektoren dann mit derselben Farbe lackiert wurden.
Dann wären die Lampen ein zweifarbig lackiertes Gussteil (hell-gelb/gold und schwarz), wenn ich das richtig interpretiert habe?
Nur anhand von zwei, drei Fotos und ohne Originalbeschau wird man das wohl nicht abschließend klären können. Aber eventuell finden sich noch ein paar weitere Katalogbilder, wo man wenigstens die konkrete Form der Lampen besser erkennen kann. Wenn man mehrerere identische Abbildungen fände, die einem bestimmten Typ ähneln, könnte man sich sicherer sein. Ich werde bei Gelegenheit meine Kataloge durchsuchen, ob sich noch etwas findet.
PS: Die genaue Form und Machart des Clips ist auf den Fotos nicht zu erkennen. Es könnte ein eingesteckter (mit eingegossener?) Blechstreifen sein. Es könnte aber auch ein mit angegossener Haken sein. Der Schlitz zum Einstecken am Umlaufblech ist aber nur ca. 2mm breit. Wie hält dieses Ding also an der Lok?
wollte mal meine ältesten Frontlampen von 1898 auf der Kraftlok R4021 als Pendant zu den frühen BING-Frontlampen zeigen. Sehr ähnlich finde ich. Die haben sich damals schon gegenseitig beobachtet....
Rainer Riedel war von dieser Dampflok begeistert und bewunderte den Eisengussrahmen. Es war wohl die einzige Märklin Lok in dieser massiven Bauweise !
Die Sonne scheint und die Blüten spriessen ! Nix wie raus aus dem Haus !
Ein wunderschönes Stück! Du schriebst Kraftlok? Die Lok hat zwei seitliche Wackelzylinder - wirken diese seitlich auf ein Getriebe?
Nachtrag zur Befestigung der Bing Laternen:
Ich habe etwas mit dem Kontrast an dem Bild aus Post #26 gespielt. Dann sieht man ein bisschen mehr von der Befestigung, aber trotzdem nur schemenhaft:
Könnte das ein Drahtbügel sein, der in den Schlitz am Umlaufblech eingesteckt wird? So einen Drahtbügel könnte man einfach in zwei Bohrungen einlöten und dann zurecht biegen.
Plank hat seine "Kraftlokomotive" im Katalog so beschrieben:
"Meine bisherigen Lokomotiven mit zwei an der Seite angebrachten oszillierenden Dampfzylindern habe ich vollständig umgebaut, da diese zwei Zylinder einen verhältnismäßig großen Dampfdruck und entsprechend eine überaus große Flamme unter dem Kessel erfordern. Für die Folge verwende ich nun bei meinen Kraftlokomotiven nur noch einen oszillierenden Zylinder, welcher abweichend von der bisherigen Ausführung nicht mehr direkt auf die Achse der Räder wirkt, sondern auf ein Zahnradgetriebe arbeitet. Dadurch wird die Kraftleistung dieser Lokomotive ganz bedeutend erhöht und der Gang so reguliert, daß ein Entgleisen vollständig ausgeschlossen ist."
hier das Ergebnis meiner Recherche zu den Lampen in den Katalogen:
Es gibt diese prinzipiellen frühen Lampentypen, die sich eindeutig unterscheiden:
1) Ganz frühe runde Aufsetzlampen mit Fuß oben auf der Kesselfront (vor ca. 1900)
2) Ganz frühe runde Anstecklampen ohne Fuß (nur für Nr. 8388, 1898-1901)
3) Frühe runde Aufsetzlampen mit Fuß oben auf der Kesselfront (ca. 1900-1902)
4) Spätere eckige Lampen oder runde Lampen mit Bügeln
Mehr als diese drei frühen Formen habe ich nicht gefunden, soweit man das in den Katalogen erkennen konnte.
Das charakteristische Unterscheidungsmerkmal für die Lampen ist die Ablufthutze (oder wie heisst dieses Teil korrekt?), die wie folgt ausschaut:
Bei 1) Zylindrischer Schlot mit rundem Abschlußdeckel (wie in Udos Post #60)
Bei 2) Zylindrischer Schlot mit halbrundem Abschlußdeckel und Zwischenring (wie auf Wolfgangs Bild in Post #26)
Bei 3) Zylindrischer Schlot mit verbreiterter Basis und spitzem Abschlußdeckel (wie in Post #62)
Bei 4) div. spätere Formen mit meist spitzem Abschlußdeckel
Es existieren leider nur zwei Bilder in den Katalogen, auf denen man die Form 2) halbwegs erkennen könnte. Dort werden jeweils drei leicht unterschiedliche Formen gezeigt. Das Bild, das dem Original am nähesten kommt, ist dieses:
Das Bild zeigt die Nr. 9044, welche im Vergleich zur Nr. 8388 noch vorwärts/rückwärts und schnell/langsam fahren kann. Dann gibt es noch die Nr. 9042 nur mit Bremse und vorwärts/rückwärts.
Bei der Gelegenheit ist mir noch aufgefallen, dass der kastige Tendertyp bereits 1898 vorkommt, der Tendertyp mit den Handläufen aber erst im Nachtrag von 1899 erstmals zu sehen ist. Vorher sind alle Loks mit dem kastigen Tender abgebildet. Nachher mal mit dem einen oder dem anderen.
D.h. der kastige Tender ist der passende für die 8388 mit "Gebr.B." und zur 8388 mit "Geb.B." passen beide. Und der passende Lampentyp ist 2). Dieser Typ ist der einzige Typ zum Anstecken und kommt nur bei der 8388 vor.
PS: Auf dem Foto ist bereits die spätere Hakenkupplung abgebildet, aber noch ohne den gestanzten Kleeblattbügel sondern mit einem gebogenen Bügel mit U Profil!
der Kugelfräser ist eingetroffen. Nun kann ich mit dem Nachbau der Lampen beginnen. Mit Vernickeln wird es wohl nix. Die Auflagen sind zu hoch. Ohne entsprechenden Gewebeschein kommt man nicht an das Nickelelektrolyt.
Heinz, vernickeln wäre wahrscheinlich sowieso nicht original (siehe #66). Aber Kugelfräsen hört sich sehr gut an. Auf das Ergebnis bin schon gespannt wie ein Flitzebogen.